In Österreich war sie zur Doyenne des Wiener Burgtheaters gekürt worden, in der Schweiz glänzte sie zuletzt in Bettina Oberlis Kinofilmen «Die Herbstzeitlosen» und «Lovely Louise»: Nun ist Annemarie Düringer an ihrem 89. Geburtstag gestorben
Als Trägerin des österreichischen Alma-Seidler-Ringes war sie per Definition «die bedeutendste und würdigste Bühnenkünstlerin des deutschsprachigen Theaters». Schon 1949 wurde Düringer Mitglied beim Wiener Burgtheater. Das Haus schrieb in seiner Mitteilung vom Mittwoch, mit der Schweizerin verliere die Szene «eine ganz grosse Schauspielerin».
Annemarie Düringer wurde 1925 in Arlesheim bei Basel als Tochter eines Kaufmanns geboren und wuchs in Muri bei Bern auf. Bevor sie sich der Schauspielerei zuwandte, absolvierte sie die Handelsschule in Bern. Erste Schauspielerfahrungen sammelte Düringer bei René Simon in Paris. Von 1947 bis 1949 besuchte sie das Reinhardt-Seminar in Wien, von wo aus sie direkt an das Burgtheater engagiert wurde. Dort spielte sie in Stücken von Grillparzer bis Ibsen, Shakespeare bis Strindberg, Aischylos bis Tschechow.
Bernhard, Ibsen, Dürrenmatt
Zu ihren Paraderollen am renommierten Theater in Wien, zu dessen Ehrenmitglied sie 1995 wurde, gehörte vor allem die Hauswirtschafterin Frau Zittel in Thomas Bernhards «Heldenplatz», die Mutter in Ibsens «Peer Gynt», die Claire Zachanassian in Dürrenmatts «Der Besuch der alten Dame» oder die Gouvernante in Peter Zadeks Inszenierung von Tschechows «Kirschgarten» – um nur einige zu nennen. Gastspiele gab die Schauspielerin etwa in Berlin oder München.
Aber auch der Aussenblick reizte die Schweizerin: 1992 gab sie am Theater in der Josefstadt ihr Debüt als Regisseurin mit James Saunders‘ «Bessere Zeiten», wie das Burgtheater in einer Medienmitteilung schreibt.
Grosserfolg mit «Die Herbstzeitlosen»
Im Kino debütierte Düringer, die das Theater als ihre grosse Liebe bezeichnete, 1953 im Film «Feldherrnhügel», 1954 spielte sie mit Curd Jürgens «Gefangene der Liebe». Weitere Filmerfolge waren etwa «Ewiger Walzer» (1954) von Paul Verhoeven oder ihre Zusammenarbeit mit Franz Schnyder («Die Käserei in der Vehfreude», 1958). 1978 war sie in «La dentellière» von Claude Goretta und 1982 in Rainer Werner Fassbinders «Die Sehnsucht der Veronika Voss» zu sehen.
2006 spielte Düringer an der Seite von John Malkovich die Rolle der Mutter von Gustav Klimt in der Filmbiografie von Raul Ruiz. In der Schweiz eroberte sie 2006 als Internetentdeckerin in «Die Herbstzeitlosen» (Regie Bettina Oberli) die Leinwand.
2013 arbeiteten die Schauspielerin und Regisseurin Oberli erneut zusammen, in «Lovely Louise» spielte Düringer die Hauptrolle der Louise, eine verschlagene, aber liebenswerte alte Dame, deren Sohn mit bald 60 Jahren immer noch zuhause lebt.
Preisträgerin des Hans-Reinhard-Rings
Seit 1963 durfte sich Düringer in Österreich Kammerschauspielerin nennen. Sie war Trägerin des Grossen Ehrenzeichens der Republik Österreich sowie der Ehrenmedaille und des Ehrenzeichens Wiens in Gold. In der Schweiz verlieh man ihr 1974 den Hans-Reinhard-Ring, 2000 auf Wunsch von Paula Wessely den Alma-Seidler-Ring.
Seit 2001 war Düringer Doyenne des Wiener Burgtheaters. 2003 veröffentlichte Marie-Theres Arnbom die Memoiren der Schauspielerin unter dem Titel «Blitzlichter. Erinnerungen von Annemarie Düringer».