Der Untersuchungsausschuss des US-Senats beschuldigt die Schweizer Grossbank Credit Suisse der Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Am Mittwoch stellen sich Credit-Suisse-CEO Brady Dougan und drei seiner Mitarbeiter einer eidesstattlichen Anhörung im Senat.
In einem fast 200-seitigen Bericht wirft der Untersuchungsausschuss des amerikanischen Senates der Credit Suisse (CS) vor, US-Kunden aktiv geholfen zu haben, Steuern zu hinterziehen.
Während der Hochblüte der Offshore-Geschäfte mit den Amerikanern soll die Bank über 22’000 US Kunden mit einem Gesamtvermögen von rund 12 Milliarden Franken bedient haben, heisst es im Bericht. Der Grossteil davon – zwischen 85 und 95 Prozent – sei unversteuert geblieben.
Die Untersuchungsergebnisse wurden vom einstigen republikanischen Präsidentschaftsanwärter John McCain und dem demokratischen Senator Michigans, Carl Levin, vorgestellt. Levin kämpft seit Jahren gegen Steueroasen und -betrüger.
Er leitete den Untersuchungsausschuss auch, als 2008 ähnliche Vorwürfe gegen die UBS erhoben wurden. Die grösste Schweizer Bank musste schliesslich eine Busse von 780 Millionen Dollar bezahlen und lieferte die Daten von rund 4000 Kunden an die US-Behörden.
«Ebenso schamlos vorgegangen wie die UBS»
Bei der Werbung um US-Kunden sei die Credit Suisse ebenso schamlos vorgegangen wie die UBS, machten McCain und Levin geltend. Zum Teil hätten sich Banker bei der Einreise als Touristen ausgegeben, obwohl sie in Tat und Wahrheit geschäftlich unterwegs waren. Die Credit Suisse habe Golfturniere organisiert und Tickets zum «Swiss Ball» in New York verschenkt, um potenzielle Kunden anzulocken.
«Nacht- und Nebelaktionen in einem James Bond-Umfeld» nannte Levin das Vorgehen einzelner Banker, die ihre Kunden in einem ferngesteuerten Lift trafen, ihnen die Kontoauszüge in einer Zeitschrift verborgen zusteckten und auf sofortige Vernichtung jeder Papierspur drängten.
Besonders oft soll laut dem Bericht die Credit-Suisse-Filiale am Flughafen Zürich mit den reichen Amerikanern geschäftet haben: Dort wurde den US-Kunden der ganze Service geboten, ohne dass sie das Flughafenareal verlassen mussten. Über 10’000 – fast die Hälfte aller CS-Konten amerikanischer Steuerzahler – hätten ihren Ursprung bei der Flughafenfiliale, heisst es im Bericht.
Vergleich mit Börsenaufsicht genügt nicht
Der vor wenigen Tagen getroffene Vergleich zwischen der Credit Suisse und der amerikanischen Börsenaufsicht SEC, gemäss dem die Bank für unlautere Geschäfte 186 Millionen Dollar Busse bezahlt, genügt Levin nicht. «Die Zahl verblasst angesichts des riesigen Umfangs der Steuerhinterziehung,» sagte er.
Auch die Summe von 800 Millionen Dollar, die die Bank laut Gerüchten in einem Vergleich mit dem Justizdepartement zu zahlen bereit sein soll, bezeichnete Levin als «zu bescheiden».
Das Programm, in dem sich 106 Schweizer Banken, die zur Zusammenarbeit mit dem Justizministerium bereit sind, bei den US-Behörden gemeldet haben, sehen die beiden Senatoren nicht als einen grossen Erfolg. Das Programm bringe vielleicht gewisse Vorteile, es erlaube den USA aber nicht, die Steuergelder einzutreiben, die ihnen zustünden, sagte Levin.
Verweis auf Nazi-Vermögen
McCain kritisierte, dass die Schweiz in Sachen Steuerhinterziehung immer noch nicht kooperiere. Gesuche um Amtshilfe würden nur langsam behandelt und Anfragen der US-Seite behindert. Trotz jahrelanger Bemühungen hätten von den rund 22’000 Konten bisher nur die Daten von 238 Inhabern ermittelt werden können. «Wir wissen, was die Schweiz ist und leider schon seit dem Verbergen von Nazi-Vermögen gewesen ist,» sagte McCain bei der Vorstellung des Berichtes.
Zum ausführlichen Report werden am Mittwochmorgen (Ortszeit) der CEO der Credit Suisse, Brady Dougan und drei seiner Mitarbeiter befragt. Die Banker erscheinen freiwillig vor dem Ausschuss. Die Credit Suisse will ihre Sicht der Dinge am Mittwoch darlegen, wie sie am Dienstagabend ankündigte.
Im Bericht wird aber auch das US-Justizministerium getadelt. Es habe nach der UBS-Affäre den Fall der Credit Suisse, gegen die bereits 2011 eine Untersuchung eingeleitet worden sei, zu wenig bestimmt voran getrieben. Die zuständige Assistenzstaatsanwältin Kathryn Keneally muss deshalb am Mittwoch ebenfalls vor dem Ausschuss aussagen.