Im Jugendalter besitzt die Bauchspeicheldrüse ein grösseres Regenerationsvermögen als angenommen. Bei Mäusen kann sie sich sogar selbst von Diabetes heilen, wie Genfer Forschende nun im Fachjournal «Nature» berichten. Dies geschieht durch einen bisher unbekannten Mechanismus.
In der Schweiz leiden 40’000 Menschen an Typ-1-Diabetes, die in der Kindheit oder im Jugendalter beginnt. Dabei kommt es zu einem Totalausfall der sogenannten Betazellen, die Insulin produzieren. An sich erneuern sich Betazellen nicht, weshalb man lange Zeit davon ausging, dass Diabetiker ihr Leben lang auf Insulinspritzen angewiesen sein würden.
In einer früheren Studie stellte das Forscherteam um Pedro Herrera von der Universität Genf dies erstmals in Frage. Es zeigte auf, dass sich in der erkrankten Bauchspeicheldrüse einige wenige Alphazellen in Betazellen umwandeln und danach das blutzuckersenkende Insulin herstellen können, wie der Schweizerische Nationalfonds (SNF), der die Studie finanziert hat, mitteilte.
Jetzt fanden die Forschenden aus der Schweiz, den USA, Grossbritannien und Dänemark bei Mäusen vor der Pubertät noch einen anderen Weg, um den Verlust der Betazellen zu kompensieren. Dabei entwickeln sich Deltazellen, die ein weiteres Hormon der Bauchspeicheldrüse produzieren, in Vorläuferzellen zurück. Sie teilen sich und stellen schliesslich sowohl Beta- als auch Deltazellen her.
Verlust ausgeglichen
Während die Umwandlung der Alphazellen nur in begrenztem Umfang stattfindet, gleichen die wandelbaren Deltazellen den Verlust der Betazellen effizienter aus. Dies führt zu einer raschen Selbstheilung des Diabetes. Allerdings ist die Umwandlung nach der Pubertät nicht mehr möglich.
«Der neue Mechanismus zeigt, dass die Bauchspeicheldrüse – zumindest in der Kindheit – über ein viel grösseres Selbstheilungspotential verfügt, als wir bisher angenommen hatten», sagte Herrera in der Mitteilung.
Mehrere Beobachtungen an Patienten weisen laut Herrera darauf hin, dass auch die menschliche Bauchspeicheldrüse ähnlich wandelbar ist. Er hofft deshalb, dass die Entdeckung der wandelbaren Deltazellen neue therapeutische Möglichkeiten eröffnet, auch wenn solche noch weit entfernt seien.
Die Arbeiten wurden im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Stammzellen und regenerative Medizin» (NFP 63) durchgeführt, das 2010 begann und noch bis nächstes Jahr läuft.