Sensationssiegerin Ostapenkos Erfolgsgeheimnis

Jelena Ostapenko heisst die Sensationssiegerin des French Open. Die Lettin verblüfft gegen die Weltnummer 4 Simona Halep mit je 54 Winnern und unerzwungenen Fehlern – und ihrer Unbekümmertheit.

Jelena Ostapenko heisst die Sensationssiegerin des French Open. Die Lettin verblüfft gegen die Weltnummer 4 Simona Halep mit je 54 Winnern und unerzwungenen Fehlern – und ihrer Unbekümmertheit.

Jelena Ostapenko redet wie sie Tennis spielt. Schnell, fast schon im Stakkato, unbekümmert. Wie sie nach dem gewonnenen French-Open-Final da sitzt, die Haare zu einem dicken Zopf geflochten, mit roten Pausbacken, sieht sie tatsächlich fast noch aus wie ein Kind. Die tiefschürfenden Analysen sind von der 20-jährigen Lettin ebenso wenig zu erwarten wie die raffinierten taktischen Winkelzüge. Dafür scheint sie vor absolut nichts Angst zu haben.

«Ich habe gut geschlafen und war gar nicht nervös», meint sie zur Nacht vor ihrem ersten Grand-Slam-Final gegen die Weltnummer 4 Simona Halep. Dabei hatte sie ihre bisherigen drei Finals auf der WTA Tour alle verloren. Und noch Anfang Jahr am Australian Open verlor sie in der 3. Runde gegen US-Open-Finalistin Karolina Pliskova die Nerven und eine 5:2-Führung im dritten Satz. Ostapenko hat schnell daraus gelernt. «Erst fünf, zehn Minuten vor dem Start war ich ein kleines bisschen aufgeregt.» 4:6, 0:3 im Rückstand? «Ich sagte mir einfach, dass ich den Final geniessen und weiterhin meine Schläge durchziehen will.» Und wie sie das tat.

Praktisch mit jedem Ball ging sie volles Risiko. Messungen ergaben, dass ihre Vorhand schneller sein soll als die von Andy Murray. Wer ihr beigebracht habe so zu spielen? «Niemand. So spiele ich einfach. Ich glaube, mein Charakter ist auch so. Ich liebe es, voll auf den Ball draufzuhauen», sagt sie und lacht. «Das ist ganz hilfreich.»

Tennis statt Samba

Dass Ostapenko, die Tochter eines ehemaligen Fussballers, überhaupt Tennisprofi wurde, ist nicht selbstverständlich. Ab dem Alter von fünf nahm sie auch an Paartanz-Wettkämpfen teil, Lieblingstanz Samba. Ein Besuch mit zwölf Jahren in Roland Garros mit ihrer Mutter und Trainerin Jelena Jakovleva brachte die Entscheidung für das Tennis. «Ich sah das Museum, alles drumherum und war sehr beeindruckt», erinnert sie sich. «Dass ich einmal hier spielen und sogar gewinnen würde, hätte ich da natürlich nicht gedacht.»

Dieser Sieg als Nummer 47 der Welt, erst der zweite einer ungesetzten Spielerin nach Margaret Scriven 1933, ist tatsächlich eine Sensation. Zumal schnellere Beläge eigentlich eher ihr Ding sind. 2014 gewann sie das Juniorenturnier in Wimbledon. Auch in Lettland kam Ostapenkos Erfolg überraschend. Erst der Halbfinal am Donnerstag gegen Timea wurde live im Fernsehen übertragen; der Final dann dafür gleich auf einer Grossleinwand in Riga.

Der Triumph war wohl irgendwie vorbestimmt. Der letzte Spieler, der sein erstes Profiturnier überhaupt gleich am French Open gewann, war am 8. Juni 1997 Gustavo Kuerten, der in Paris noch zwei weitere Male siegte. «Das muss wohl eine Glücksnummer sein», denkt sie. Wenn Ostapenko diese jugendliche Unbekümmertheit beibehalten kann und ihr Spiel noch etwas stabiler und konstanter wird, hat sie eine brillante Zukunft vor sich. Ihr Vorbild ist, wie könnte es anders sein, Serena Williams, die prominenteste Vertreterin des Powertennis. Ihr neuer Coach Anabel Medina Garrigues, mit der sie erst einen Monat vor dem French Open zu arbeiten, begann, ist das pure Gegenteil. Aber offensichtlich genau die Richtige, um Ostapenkos Energie und Power zu kanalisieren.

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