Sicherheitskräfte wehren Taliban-Angriff auf Parlament in Kabul ab

Die radikalislamischen Taliban haben am Montag das Parlament in Kabul angegriffen. Für ihren Angriff auf das Zentrum der afghanischen Demokratie wählten sie symbolträchtig den Tag der Vorstellung des designierten Verteidigungsministers im Parlament.

Ein ausgebranntes Auto auf der Strasse zum Parlamentsgebäude in Kabul. Ein Selbstmordattentäter sprengte sich am Montag in die Luft, während andere Angreifer versuchten, ins Parlament einzudringen (Bild: sda)

Die radikalislamischen Taliban haben am Montag das Parlament in Kabul angegriffen. Für ihren Angriff auf das Zentrum der afghanischen Demokratie wählten sie symbolträchtig den Tag der Vorstellung des designierten Verteidigungsministers im Parlament.

Nach Angaben der Regierung wurden bei der rund zweistündigen Attacke alle acht Angreifer getötet. Einer der Attentäter zündete eine Autobombe.

Nach der Explosion der Autobombe vor dem Parlament hätten sich die anderen Angreifer in einem gegenüberliegenden Gebäude verschanzt, sagte Polizeisprecher Ebadullah Karimi. Sicherheitskräfte erschossen nach Regierungsangaben alle sieben weiteren Angreifer während des Feuergefechts.

Laut dem Vizesprecher des Innenministeriums, Nadschib Danisch, schossen die Taliban-Kämpfer auch mit Panzerfäusten auf das Parlamentsgebäude, richteten damit aber nur geringe Schäden an.

Die Polizei teilte mit, es seien zwei Zivilisten bei dem Anschlag getötet worden. Bei ihnen handle es sich um eine Frau und ein Kind. Das Gesundheitsministerium sprach von 31 verletzten Zivilisten, darunter fünf Frauen und ein Kind.

Während Parlamentssitzung

Von der Attacke wurden Live-Bilder im Fernsehen gezeigt. Nach Angaben des Abgeordneten Mohammed Resa Choschak ereignete sich der Angriff während einer Parlamentssitzung.

Demnach warteten die Abgeordneten gerade auf den designierten Verteidigungsminister Mohammed Masum Staneksai, als erst eine heftige und danach mehrere kleinere Explosionen zu hören waren. Er und seine Kollegen seien dann aus dem Gebäude geflüchtet, sagte Choschak. Staneksai sollte im Parlament vorgestellt werden.

«In wenigen Sekunden war die Halle voll Rauch und die Abgeordneten flohen aus dem Gebäude», sagte Choschak. Laut Polizeisprecher Karimi wurden alle Parlamentarier in Sicherheit gebracht.

Zudem hätte am Montag die neue Legislaturperiode des Parlaments begonnen. Da es bislang keine Wahlen gab, verlängerte Präsident Aschraf Ghani die derzeitige Sitzungsperiode in einem umstrittenen Schritt auf unbestimmte Zeit.

Taliban bekennen sich

Die Taliban bekannten sich zu dem Anschlag. Talibansprecher Sabihullah Mudschahid erklärte im Verlauf der Attacke im Kurznachrichtendienst Twitter, dass «mehrere Mudschaheddin in das Parlamentsgebäude eingedrungen» seien. «Schwere Gefechte sind im Gange», hiess es in der Mitteilung weiter.

Die Polizei widersprach den Angaben, wonach es den Kämpfern gelungen sei, in das Gebäude einzudringen. Die UNO-Mission für Afghanistan (Unama) bezeichnete die Attacke als «Angriff auf die Demokratie in Afghanistan».

Bemühungen fruchten nicht

Die Attacke auf das stark gesicherte Parlament wirft erneut die Frage über die Sicherheit in Afghanistan nach dem Abzug der internationalen Kampftruppen auf. Deren Kampfeinsatz endete zum Jahreswechsel nach 13 Jahren, für die Sicherheit sind die afghanischen Soldaten und Polizisten nun selbst verantwortlich. Die NATO unterstützt sie dabei mit etwa 12’000 Soldaten, die vor allem ausbilden und beraten.

Die Taliban hatten im April ihre jährliche Frühjahrsoffensive begonnen. Fast tausend Zivilisten wurden in den ersten vier Monaten des Jahres bei Anschlägen in Afghanistan getötet. Trotz Bemühungen von Präsident Ghani, die Aufständischen an den Verhandlungstisch zu bekommen, setzen diese ihre Angriffe auf Armee, Polizei und Behörden sowie deren ausländische Unterstützer fort.

In der Provinz Kundus ging der Vormarsch der Taliban unterdessen weiter. So eroberten die Aufständischen am Montag weitgehend den Bezirk Dascht-e-Archie, wie Distriktgouverneur Nasruddin Sayedi sagte.

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