Während in den USA nach Mitt Romneys de-facto Sieg über seine republikanischen Mitbewerber die Ruhe vor dem (Wahl-)Sturm herrscht, tauchen hier und da strategisch kleine und große Gerüchte und Geschichten über die Kandidaten auf.
Das Schöne an der englischen Sprache ist, daß man ohne Weiteres aus einem Namenwort ein Tunwort machen kann. Das funktioniert bei Firmen (etwa aus «Google» wird dann «to google»), und das funktioniert ebenso bei politischen Schmierkampagnen. Das Paradebeispiel dafür war im Wahlkampf 2004 «Swiftboat Veterans for Truth» (Schnellboot Veteranen für die Wahrheit), woraus später der Begriff «swiftboating» wurde. Im Sinne von, «You’ve been swiftboated.» oder auf Deutsch, «Sie wurden gerade geswiftboated.» (also Opfer einer politischen Schmierkampagne).
«Swiftboat Veterans for Truth» war damals eigens gegründet worden, um Senator Kerrys Kriegsverdienste nicht nur in Zweifel, sondern regelrecht durch den Schmutz zu ziehen. Er war nämlich dabei, George W. Bush während des Wahlkampfes das Wasser abzugraben – unter anderem deswegen, weil Bush sich vor dem Kriegsdienst gedrückt hatte, während Kerry hochdekoriert aus Vietnam zurückkam. Kerry tauchte unter anderem auf Wahlkampfveranstaltungen auf, salutierte und verkündete, er melde sich zum Dienst. Was sollte man da auch machen als genau diese Orden und alles andere, was damit zusammen hing, öffentlich in Frage zu stellen? Und die Rechnung ging auf, Kerry wurde geschlagen und „swiftboating“ ging als Begriff in die US-englische Sprache ein.
Wir werden davon noch einiges zu sehen bekommen, und bekommen es auch schon zu sehen. Etwa letzte Woche, als zur gleichen Zeit, da Obama sich öffentlich zur Schwulenehe bekannte, über Romney berichtet wurde, er habe als Teenager Mitschüler durch die Hallen seiner Schule gejagt, um ihnen u.a. die Haare abzuschneiden, weil sie «schwul» aussahen. Zufall? Ich denke doch nicht. Das Obama-Lager rief prompt, der Mann sei nicht zum Präsidentenamt befähigt, die Romney-Seite hatte nur zu bemerken, man könne sich an keine Einzelheiten erinnern, würde sich aber sicherlich entschuldigen, wenn man sich damals an jemandem auf diese Weise vergangen habe.
Im Zeitalter von Twitter und Facebook verbreiten sich solche Gerüchte und Geschichten, wahr oder nicht, auch schneller, als sie die Betroffenen eindämmen können – man denke etwa an den „Macaca-Kommentar“ von Senator George Allen, der ihn damals die Wahl kostete. Irgendwann interessiert es dann niemanden mehr, ob es wirklich stimmt, was da verbreitet wurde. Und bei dem dumpfen politischen «Bewußtsein», das hier in manchen Gegenden vorherrscht, wird es mit Sicherheit jedes Mal genauso schön funktionieren, wie damals mit Kerry, und zwar in beide Richtungen. Ich warte jetzt nur noch darauf zu hören, daß Obama tatsächlich Moslem ist und Romney eine Freundin hat.