Die siebenjährige Michelle Nkamankeng ist kein gewöhnliches Mädchen. Während gleichaltrige Kinder gerade Lesen und Schreiben lernen, hat sie bereits einen Roman veröffentlicht. «Waiting for the Waves» machte sie in ihrer Heimat berühmt.
Mit grünen und violetten Stiften schrieb die Schülerin aus Johannesburg die Geschichte von Titi auf, einem kleinen Mädchen, das fasziniert ist vom Ozean und den grossen Wellen. Das Originalmanuskript besteht aus in der Mitte gefaltenen DIN-A4-Seiten, die getackert und mit Tesafilm zusammengeklebt wurden, um wie ein echtes Buch zu wirken.
Vorne stehen der Titel und der Name der Autorin, auf der Rückseite prangt ein selbstgemaltes Herz zu den Worten: «Ich hoffe, du hattest eine schöne Zeit beim Lesen dieses Buches».
Das Schreiben an dem Buch hielt Michelle weitgehend geheim. «Mein Bruder und meine Schwester wussten es, weil sie immer in mein Zimmer gekommen sind», berichtet Michelle. «Sie fragten immer, was ich da mache.» Sie habe ihre Geschwister gebeten, den Eltern nichts zu erzählen. «Ich wollte, dass es eine Überraschung wird.»
Das war es – obwohl ihre Eltern wussten, dass Michelle ein Bücherwurm ist. Aber für ihren Traum, das Buch zu veröffentlichen, waren sie nicht sofort Feuer und Flamme. Die Mutter stellte das Manuskript erstmal ins Regal – «zwischen die Bibel, Wörterbücher und ein paar Zeitschriften», wie Lolo Nkamankeng berichtet. Aber Michelle gab nicht auf. Einige Wochen später gab sie ihren Eltern ein zweites, dann ein drittes Buch.
Herausgegeben im Eigenverlag
Ein Jahr später halfen Michelles Eltern dem Kind schliesslich dabei, das Buch «Waiting for the Waves» selbst zu veröffentlichen. Schnell wurden Verlage und Medien darauf aufmerksam und luden Michelle zu Veranstaltungen und Interviews ein. Michelle wurde zu einer Sensation – nicht zuletzt, weil sie ohne Scheu in der Öffentlichkeit steht.
«Wenn wir ehrlich sind, ist es eindeutig ein von einem Kind geschriebenes Buch», sagt Colin Northmore, Direktor des Sacred Heart College in Johannesburg, wo Michelle zur Schule geht. «Es gibt vielleicht eine Million Kinder in der Welt, die so ein Buch schreiben könnten. Mehr als das Buch bin ich stolz auf Michelles Fähigkeit, sich mit so viel Selbstvertrauen auszudrücken.»