YB kommt nicht zur Ruhe. Drei Tage nach der Entlassung von Sportchef Fredy Bickel und CEO Alain Kappeler verlässt der heftig unter Druck geratene Verwaltungsrat Urs Siegenthaler die Berner.
An einer ausserordentlichen Sitzung der Sport und Event Holding AG, zu der auch die Young Boys gehören, erklärte Urs Siegenthaler seinen Rücktritt. Der 68-jährige Basler mit kurzer YB-Vergangenheit als Spieler begründete seinen Entscheid gemäss Communiqué damit, «dass in den letzten Tagen sehr viel auf meine Person abgewälzt worden ist und ich mich nicht in dem Mass einbringen konnte, wie ich es für richtig hielt.» In Anbetracht der Umstände sei eine Basis für eine fruchtbare Zusammenarbeit nicht mehr vorhanden gewesen.
Siegenthaler, der seit 2005 als Chefscout des deutschen Bundestrainers Joachim Löw amtet, war erst im März an der Generalversammlung der Sport und Event Holding AG in den Verwaltungsrat gewählt worden. In diesem war er für den Bereich Sport zuständig. Verwaltungsratspräsident Hanspeter Kienberger bedauert die Entwicklung. «Aber zum Wohl des BSC Young Boys und im Sinn beider Parteien war es ein sinnvoller Schritt.»
Alles über den Haufen geworfen
Die Trennung von Siegenthaler ist die zweite weitreichende personelle Massnahme beim Tabellenzweiten der Super League in dieser Woche. Zum ersten, grossen Knall war es am Dienstag gekommen, als die YB-Verantwortlichen die Trennung von Sportchef Fredy Bickel und CEO Alain Kappeler bekanntgaben und diese mit einer wirtschaftlich bedingten Restrukturierung begründeten.
Nicht zum ersten Mal in der jüngeren Vergangenheit wurde beim Berner Traditionsverein somit die Strategie über den Haufen geworfen und interne Strukturen und Organigramme angepasst. Siegenthaler galt im jüngsten Prozess als einflussreicher Einflüsterer der YB-Besitzer Andy und Hansueli Rihs. Der Basler und Bickel hatten das Heu nicht auf derselben Bühne. Die Medien sprachen von einem Machtkampf, was Siegenthaler allerdings vehement bestritt.
Aufstand der Fans
Der am Dienstag veröffentliche Entscheid und die schwache Kommunikationspolitik der Verantwortlichen wurde in und um Bern überhaupt nicht goutiert. Siegenthaler machte in seinen Interviews mit dem Schweizer Fernsehen am Dienstag anlässlich des Champions-League-Spiels Basel gegen Razgrad vor der Muttenzerkurve im St. Jakob-Park sowie mit der «Berner Zeitung» keine glückliche Figur und sorgte mit seinen Aussagen mehr für Verwirrung als für Aufklärung.
Der Basler avancierte rasch zum Feindbild der YB-Fans. Die Meinung in den Internet-Foren war schnell gemacht, der Tenor lautete: Siegenthaler raus. Den Höhepunkt der Fan-Proteste bildete am Donnerstag das Heimspiel in der Europa League gegen Olympiakos Piräus (0:1), als jede Menge Spruchbänder («Hau ab, Sigi») das Stade de Suisse zierten.