In den seit Wochen andauernden Übernahmepoker um Alstom kommt neue Bewegung: Siemens hat sich für einen möglichen Kauf von Teilen des französischen Industriekonzerns mit dem japanischen Konkurrenten Mitsubishi Heavy Industries (MHI) zusammengeschlossen.
Bis kommenden Montag solle entschieden werden, «ob ein Angebot an den Verwaltungsrat von Alstom abgegeben wird», erklärte Siemens am Mittwoch. Bei Alstom stiess der Vorstoss auf wenig Gegenliebe.
Siemens sprach von einer gemeinsamen «Prüfung eines möglichen Angebots für bestimmte Vermögenswerte» von Alstom, ohne weitere Details zu nennen. Der US-Konzern General Electric (GE) will für 12,35 Mrd. Euro die Energiesparte des französischen Unternehmens kaufen, das neben Turbinen auch Züge wie den Hochgeschwindigkeitszug TGV baut. In der Schweiz hat Alstom rund 6500 Arbeitsplätze
Siemens bekundete nach Bekanntwerden der GE-Offerte ebenfalls Interesse an der Alstom-Energiesparte und prüft seit einigen Wochen ein eigenes Übernahme-Angebot. In Briefen an den Alstom-Verwaltungsrat hat sich Siemens bereit erklärt, seine Bahnsparte an die Franzosen abzutreten.
Mitsubishi von Siemens eingeladen
«Ich begrüsse die Bereitschaft von MHI, sich unseren Überlegungen anzuschliessen», erklärte nun Siemens-Chef Joe Kaeser. Es gelte, eine «langfristig tragfähige Lösung für Alstom, MHI und Siemens zu schaffen».
Mitsubishi-Chef Shunishi Miyanaga erklärte: «MHI wurde von Siemens eingeladen, sich zusammenzuschliessen. Wir sind davon überzeugt, dass wir einen substanziellen Beitrag zu einer partnerschaftlichen Lösung für Alstom leisten können, der einen Mehrwert für alle beteiligten Parteien inklusive des Landes Frankreichs schaffen wird.»
Mit Mitsubishi im Boot würde Siemens-Chef Kaeser Kartellprobleme umschiffen. Die Japaner könnten etwa jene Alstom-Teile übernehmen, bei denen den Deutschen Ärger durch die Wettbewerbshüter droht, etwa die Übertragungstechnik.
Zudem könnte Kaeser seinem Partner jene Geschäftsfelder überlassen, die er für wenig zukunftsträchtig hält, etwa Dampfturbinen für grosse Kohlekraftwerke. Für Siemens blieben Filetstücke wie die Gasturbinensparte und deren Wartung.
Widerstand in Frankreich
Nach Angaben aus informierten Kreisen in Paris traf die Mitsubishi-Spitze zwei Mal Frankreichs Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg, um über eine Beteiligung des japanischen Konzerns an einem möglichen Deal zu sprechen.
Demnach sollen zwei Unternehmenseinheiten geschaffen werden: Eine, in denen gewisse Aktivitäten von Siemens und Alstom vereint werden, und eine, in denen die restlichen Energieaktivitäten von Alstom mit Mitsubishi zusammengeführt werden.
In Frankreich rührt sich bereits Widerstand gegen Kaesers jüngsten Winkelzug. «Das würde in eine Zerlegung münden, was die französische Regierung kaum akzeptieren wird», hiess es im Umfeld von Alstom. Der Konzern sei «skeptisch und schockiert». Bisher hätten Siemens und Mitsubishi nichts vorgelegt. Mitsubishi habe zudem keinen Zugang zum Datenraum gehabt. Alstom lehnte eine Stellungnahme ab.
Zögern in München
Alstom-Chef Patrick Kron ist Verfechter eines Deals mit GE und wird dabei vom Verwaltungsrat seines Konzerns unterstützt. Die französische Regierung hatte nach Bekanntwerden des GE-Angebots ihre Präferenz für eine Zusammenarbeit mit Siemens deutlich gemacht, hat sich seitdem aber zurückhaltender ausgedrückt.
Ob sich Siemens letztendlich überhaupt zu einem Gebot durchringt, ist weiter offen. In der Münchener Konzernzentrale gibt es viele Bedenken. Dort herrscht die Angst, eine Alstom-Übernahme könne das Management überlasten, eine Integration würde das Unternehmen über Jahre beschäftigen. Investoren hatten sich gegen eine Offerte ausgesprochen.