Sind die USA noch «unser Freund»?

Die Kriege im Nahen Osten. Die Spionageaffären im Westen. Was haben sie miteinander zu tun? Und was mit uns? Leben wir wirklich in der «besten aller Welten»? Und sind die US-Geheimdienste die Verteidiger dieser «Wertegemeinschaft»? Eine kleine Sommergeschichte. Die Begriffe sind bekannt:Transatlantische Freundschaft.Transatlantische Partnerschaft.Der Westen.Die westliche Wertegemeinschaft.Freiheit und Demokratie.Nordatlantisches Verteidigungsbündnis. Seit Beginn der 1950er-Jahre verkündet […]

Die Kriege im Nahen Osten. Die Spionageaffären im Westen. Was haben sie miteinander zu tun? Und was mit uns? Leben wir wirklich in der «besten aller Welten»? Und sind die US-Geheimdienste die Verteidiger dieser «Wertegemeinschaft»? Eine kleine Sommergeschichte.

Die Begriffe sind bekannt:
Transatlantische Freundschaft.
Transatlantische Partnerschaft.
Der Westen.
Die westliche Wertegemeinschaft.
Freiheit und Demokratie.
Nordatlantisches Verteidigungsbündnis.

Seit Beginn der 1950er-Jahre verkündet «der Westen», die richtigen politischen Inhalte für die volle Entfaltung der Freiheit und für die bestmögliche Lebensentwicklung und gleichzeitig den bestmöglichen Lebensschutz für das Individuum namens Mensch zu entwickeln und daraus eine menschenfreundliche Politik zu generieren.

1

«Der» Westen versteht sich selber immer noch als «die beste aller denkbaren Welten». Dieses Selbstverständnis kommt allerdings nur zu Stande, weil man sich als «Westen» von jeglicher ethisch begründeten Verbindlichkeit zu Gunsten «aller Menschen» verabschiedet hat. Denn «die beste aller Welten», dieses Mal als globale Sammelgrösse im Singular betrachtet, ist nach wie vor derart lebensfeindlich aufgestellt, dass die Nöte, die Hungernden, die Kriege, die Morde, die Unterdrückungen einfach nicht übersehen werden können.

Also verlegt man sich auf die Wirksamkeit der «besten aller Welten» bloss «im Westen».

Nun ist gut erkennbar so, dass diese westliche «beste aller Welten» für jene, welche von ihr vor allem materiell profitieren wollen, nur dann wirklich erlebbar ist, wenn das (westliche) Wirtschaftssystem garantiert, dass es eine klar gegliederte Hierarchie des «Gutgehens» innerhalb der «besten aller Welten» gibt. Darauf gründet auch das herrschende globale Finanzsystem, welches so etwas wie «Rechtsstaaten» (in denen «alle vor dem Gesetz gleich sind») am laufenden Band der Lächerlichkeit preisgibt.

Im Speaker’s Corner publiziert die TagesWoche ausgewählte Texte und Bilder von Community-Mitgliedern. Vorschläge gerne an community@tageswoche.ch.

Der von allem realen Leben weitgehend losgelöste Finanzkapitalismus ist für seine Betreiber die einzige real existierende «beste Welt», und er existiert systemisch als Rendite bloss für eine ganz ganz dünne Schicht von Profiteuren. 

Den globalen und umfassenden Existenz-«Schutz» dieser weltweit in der sogenannten Globalisierung per Mausklick spekulierenden Milliardäre, Banker und «Finanzdienstleister», also der ganz ganz dünnen Schicht von Profiteuren übernimmt bis jetzt offensichtlich «der Westen».

Genauer:

In erster Linie die USA und einige Mitglieder der EU sowie Kanada und Australien. Auch die Schweiz und ein paar auf dem Globus verteilte Stadtstaaten und Inseln dürfen im Welttheater des Finanzkapitalismus à la mode des Westens noch systemschützend mitmachen.

Der Schutz besteht darin, dass für die drei Gruppen, also die Milliardäre, die Banker und die «Finanzdienstleister», die «totale Freiheit» herrscht. Garantiert ist diese totale Freiheit dabei immer wieder deutlich erfahrbar im Sinn von «koste es, was es wolle».

Koste es zum Beispiel in Kriegen Zehntausenden oder gar Hunderttausenden das nackte Leben.

O ja:

Seit den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts wurden im Namen der «westlichen Freiheit», vor allem der «Freiheit», ohne Konsequenzen befürchten zu müssen, Ressourcendiebstahl betreiben zu können, allein von der CIA nachweislich zahlreiche Staatsstreiche organisiert. Oder es ging um die Freiheit, innerhalb welcher «der Westen» dafür sorgte, dass demokratisch gewählte Regierungen, die gegen Ausbeutungsgesellschaften aus dem Westen vorgehen wollten (Öl, Diamanten, Kupfer, Uran …), um souverän zu Gunsten ihrer Bevölkerungen über die eigenen Ressourcen verfügen zu dürfen, ebenfalls per Militärstaatsstreiche und Ermordungen, organisiert wiederum durch die CIA, entmachtet wurden.

Beispiele dafür:
Guatemala
Bolivien
Dominikanische Republik
Brasilien
Chile
Argentinien
Iran
Südvietnam
Laos
Kambodscha
Philippinen
Südkorea
Indonesien
usw.

In diesem Zusammenhang ist auch über Kriege, die «der Westen» geführt hat, zu berichten:

Der Vietnamkrieg.
Der Irakkrieg 2.

Diese beiden Kriege kosteten Millionen Zivilpersonen das Leben und trieben ebenfalls Millionen Zivilpersonen in die Flucht.

Zum Vietnamkrieg ist im Nachhinein, als für das Verhalten «des Westens» nach völkerrechtswidrig geführten Kriegen typisch, zu erwähnen:

Am Wiederaufbau der durch die US-Armee massiv zerstörten vietnamesischen, kambodschanischen, laotischen Landschaften und Lebensgrundlagen hat sich «der Westen» nicht beteiligt. Diesen Wiederaufbau haben die vom Westen massiv geschundenen Völker ganz alleine an die Hand nehmen müssen.

Oder:

Der Irakkrieg von Bush jr. und von Blair, Berlusconi und Co. bedeutet für die Menschen im gesamten Nahen Osten seit mehr als einem Jahrzehnt ein Desaster ohne Vergleich weltweit seit dem Ende des 2. Weltkrieges.

Ein Blick in den Nahen Osten genügt sowieso, um die «Reinheit des politischen Gedankens» der angeblich demokratisch-rechtsstaatlichen Realität aus dem Westen als ein Trugbild sondergleichen erkennen zu müssen.

In die jüngere Vergangenheit blickend erkennt man ein erst nur auf das Erdöl ausgerichtetes «Bündnis»- Geflecht von westlichen Staaten (Grossbritannien, Frankreich, vor allem den USA) und einigen Ölmultis auf der einen mit ziemlich fremdernannten Königen, Prinzen, mit Generälen und «Familien»-Clans sowie verbrecherisch handelnden Machtusurpatoren (zum Beispiel Saddam Hussein) auf der anderen, der jeweils «einheimischen» Seite.

Heute ist dieses «Bündnis»-Geflecht dank der Ölmilliarden sowohl in Industrieproduktionsbeteiligungen als auch in Waffeneinkäufen in grossem Stil und in der realwirtschaftsfeindlichen Derivatenwirtschaft des globalen Finanzkapitalismus anzutreffen.

Dazu kommt im Nahen Osten als «Spezialfall», dass der offizielle Westen, namentlich die USA, zu den fortgesetzten Völkerrechtsverletzungen und Verletzungen von Genfer Konventionen durch Israel, gerichtet gegen die Palästinenser, seit Jahren eisern schweigt. Was längst nichts mehr mit dem «Existenzrecht Israels» zu tun hat, sondern mit völkerrechtswidriger Landnahme und so weiter, wird einfach stillschweigend hingenommen.

In diesen knapp beschriebenen Nahostzuständen, welche in vielfältiger Art und Weise aus westlicher politischer Handlungsweise entstanden sind, liegen auch Quellen einer – eigentlich Menschen nicht zumutbaren – Ohnmacht, welche erklärbar zu Hass und irrsinniger Märtyrerpose und zu jenem Terrorismus führten, der heute viele zivile Einrichtungen beispielsweise in Afrika und das Zusammenleben in urbanen Verhältnissen usw. bedroht.

Auch, weil «der Westen» seit Jahrzehnten so tut, als seien Araber bloss Menschen zweiter Klasse, denen ständige Ohnmachtsgefühle zuzumuten seien, denen Zurücksetzung, Ungerechtigkeit im Alltag, eine arrogante Besatzungsmacht für Millionen Palästinenser inbegriffen, zumutbar sei.

Kurz:

Der heute angeblich «weltweit operierende islamistische Terrorismus» ist – nicht nur, aber durchaus wesentlich – eine Folge der westlichen, namentlich der US-Nahostpolitik und von deren Bündnissen mit korrupten Prinzen und mörderischen Generälen während der vergangenen Jahrzehnte.

Indem ich diesen Satz schreibe, sage ich nicht, dass Terrorismus in irgend einer Form akzeptabel sei.

Ich sage solcherlei ausdrücklich nicht.

Aber es gibt zahlreiche ideologisch gefärbte PR-Unternehmungen (auch staatliche, durch westliche Staaten betriebene) in herkömmlichen und elektronischen Informationsmedien, die mir eine Aussage unterstellen, wonach ich Terrorismus verteidigen oder akzeptieren würde. Und zwar, weil ich an die Geschichte, welche unter anderem zu nahöstlichem und auch zu islamistischen Terrorismus geführt hat, erinnere.

Diese Feststellung führt zum zweiten Kapitel meiner Sommergeschichte:

2

Die demokratisch verfassten westlichen Rechtsstaaten sind für die meisten von uns, die wir in ihnen leben können, leben dürfen, die «beste aller Welten».

Ich möchte, als schwuler Zeitgenosse, nicht in Russland leben. Ich möchte nicht wegen Fotografien, die irgend einem Zensor nicht passen, monatelang in einem chinesischen Gefängnis einsitzen müssen.

Deswegen dulde ich in meinen elektronischen Geräten keine staatlichen Zensoren meiner Meinungsäusserungen als anonyme Mitleser, als anonyme Mitwisser, als anonyme Schnüffler, auch keine aus Grossbritannien oder aus den USA,.

Wenn die USA eine NSA unterhält, Grossbritannien in geradezu obszöner Groteske, gemessen an dem, was die britische Politik ansonsten für die Menschheit leistet, eine Spionage- und Verdächtigungsmaschinerie betreibt, geht mich das etwas an. Denn diese Schnüffler und Produzenten von Verdacht vergiften meine Welt, in der ich gleichberechtigt mit allen anderen ein Rechtssubjekt bin, keineswegs quasi aus «staatstragender Notwendigkeit» ein Objekt staatlicher Schnüffelgier.

Natürlich führen alle «westlichen Saaten» so genannte «Dienste», «Nachrichtendienste» oder «Geheimdienste». Geheimdienste gehören offenbar im Selbstverständnis von Regierungen und von staatlichen Verwaltungen zum Wesen eines Staates. Für die meisten Bewohnerinnen und Bewohner westlicher Rechtsstaaten allerdings erschliesst sich die angeblich so notwendige Arbeit von Nachrichten- und Geheimdiensten nicht so ohne weiteres. Zwar wird uns – seit 9/11 sowieso – ständig versichert, wie erfolgreich dieser Geheimdienst, jener Nachrichtendienst, überhaupt die Zusammenarbeit aller möglichen geheimen Dienste den einen oder einen anderen oder einen dritten Terrorakt verhindert hätten.

Da man als geheimdienstlich nicht Eingeweihter, nicht Tätiger natürlich den Wahrheitsgehalt der regelmässig verkündeten Jubelnachrichten über Geheimdiensterfolge nicht überprüfen kann, bleibt zum Beispiel bei mir darüber regelmässig Zweifel hängen.

Zugegeben:
Ich bin nicht wichtig.
Ich bin keiner, auf den es ankommt.
Ich fühle mich bloss manchmal dazu gedrängt, etwas nachzudenken.

Ich frage mich zum Beispiel, weshalb der Staat USA derart riesige Steuergeldmilliarden ausgibt, um zahlreiche Geheimdienste zu unterhalten, welche rund um die Uhr, ohne jeglichen Respekt vor Rechtsgrundsätzen auch bei verbündeten Staaten, weltweit operieren – abgesehen davon, dass sie auch innerhalb der USA zu operieren scheinen, obwohl solches den meisten von ihnen (zum Beispiel der CIA, aber in der Hauptsache auch dem NSA) gesetzlich untersagt ist.

Einen Sinn ergeben diese «Anstrengungen» nur dadurch, wenn es der Regierung der USA oder sonstigen Machtzentralen (Privatarmeen, «Sicherheitsfirmen», Waffenproduzenten, aber auch Hegdefonds) in den USA um mehr geht als um die Bekämpfung von irrsinnigen Terrorgruppen. Auch, deutlich formuliert, um mehr als um Al Kaida oder Isis (von der man bis dato überhaupt nichts gewusst haben will, westlicherseits, trotz Satellitenunterstützung, Drohnengeschwadern und Trojanern in Millionen Datensammel- und -verschiebeanlagen – oder hat «man» es gewusst, etwa gar «gefördert», um Assad aus dem Weg zu räumen und damit unter anderem die Russen im Nahen Osten schwächen zu können?).

US-Geheimdiensterfolge erscheinen in den täglichen Nachrichten, welche ich in Zeitungen lese oder in Radionachrichten höre, mit Inhalten wie dem, dass dank geheimdienstlich vorbereiteten Drohneneinsätzen in Pakistan soundsoviele Taliban ausgeschaltet, also ermordet worden seien. Nebst, kollateral halt nicht zu vermeiden, Menschen, Zivilisten, manchmal Kindern, die dann auch noch ums Leben gekommen seien.

Dasselbe lese und höre ich über Vorkommnisse im Jemen, über Vorkommnisse in Afghanistan, manchmal auch über solche in Libyen und so weiter.

Geht solcherlei dort, wo es geschieht, spurlos an den Betroffenen vorbei?

Anders gefragt:

Sind die «westlichen Dienste», die uns Normalsterbliche aushorchen und ausspähen, uns gegenüber, wenn es denn spitz auf hart gehen würde, ebenso mordsmässig rasch beim Ausradieren wie in den «Schurkenstaaten», zu denen Bush jr. während seines Irakkrieges die halbe Welt zusammenschloss: Schurken dort, islamistische Selbstmordattentäter, Al-Kaida-Mitglieder etwa oder im Hintergrund die bösen Chinesen und die ebenso bösen Russen, und Schurkendiener überall, vor allem in allen westeuropäischen Ländern, wo sich Kritik an der eindimensionalen und einfältigen Weltsicht aus den USA hie und da noch breitzumachen wagt?

3

Eigentlich zeichnet es die westliche Welt vor allem aus, heterogen zu sein und Heterogenität prinzipiell, nämlich als Verfassungsgrundsatz zu akzeptieren, verschieden artikulierte Lebensläufe in ihren Gesellschaften zu begrüssen, keiner ideologischen Verbissenheit zu unterliegen. Diese westliche Welt ist meine Welt, ist für viele «unsere Welt».

Was NSA, CIA und dergleichen mehr, was den BND und auch schweizerische oder französische, britische oder spanische Geheimdienste allein dadurch, dass sie «geheim» sein sollen, von «unserer Welt» unterscheidet, sind zwei erkennbare «Philosophien», denen sie alle Folge leisten:

a) Jeder Mensch ist ein potentieller Staatsfeind. Weil dem so ist, ist jeder Mensch a priori und qua Geburt ständig zu überprüfen.

b) Was staatsfeindlich ist, darf nicht öffentlich bekannt sein.

Wäre es öffentlich bekannt, könnten sich alle oder viele potentielle Staatsfeinde so benehmen wie «WIR, DIE DIENSTE»: Im relativ ungefährlichen Fall Camouflage, im Fall bereits verwirklichter Staatsfeindschaft Mord und Totschlag, vornehmlich an UNS, DEN DIENSTEN.

Diese beiden «Philosophien» ergeben für den so genannten «Heimatschutz» der USA, zusammen mit den so genannten «Sicherheitsinteressen» der gleichen USA ohne Zweifel eine Rest-Welt, die praktisch ausschliesslich aus Feinden besteht.

Wer heute noch kein Feind ist, etwa die deutsche Bundesregierung oder der deutsche Bundestag, ist potentiell immer schon ein Feind gewesen.

Deshalb muss DIE USA alles, was sich global bewegt, telefonisch genauso wie elektronisch, schriftlich genau so wie mündlich, in den Betten genau so wie auf den Schulbänken, und natürlich auch in der Forschung, in der Industrieproduktion und im Geldverkehr, aufzeichnen, sammeln, mit Reaktionsautomatismen versehen und dann ZUSCHLAGEN, wenn es die Programme der NSA- oder CIA-Computer befehlen. Möglichst automatisiert ZUSCHLAGEN. Möglichst weit weg von den USA. Möglichst im Geheimen, drohnengelenkt beispielsweise aus Hessen oder aus Rheinland-Pfalz.

Festzuhalten ist:

Unsere Regierungen, welche auf Grund klarer Verfassungsaufträge unsere Unversehrtheit, unsere individuelle Freiheit der Meinungsäusserung, unsere Gleichberechtigung aller unter uns in allen Aspekten des sozialen Lebens zu verteidigen haben – UND ZWAR OHNE WENN UND ABER – erfüllen diesen, ihren wichtigsten Auftrag, den ihnen die Wählerinnen und Wähler für ihre Regierungsperiode gestellt haben, nicht.

(Unsere Regierungen: Gemeint sind hier die deutsche und die schweizerische).

Stattdessen reden die Regierungs-PR-Verkünder von «transatlantischer Freundschaft» und dergleichen mehr. Sie trommeln das Kriegslied gegen den «weltweiten» Terrorismus, den islamistischen namentlich, der «uns alle bedroht». Oder sie erklären, dass die NSA- oder die BND- oder die britische Überwachungstotalität doch gar nicht so dramatisch sei und man damit gut leben könne. Besonders geheimdienstnahe Publizisten, von denen es einige gibt, erklärten «es» uns in den letzten Monaten mit ihrer Argumente-Totschlag-Variante:

Wer nichts Gesetzeswidriges tue, habe auch nichts zu befürchten.

(So in etwa auch Bundesrat Maurer, so auch der ehemalige deutsche Bundesinnenminister Friedrich).

Notfalls aber hört man, namentlich aus «Regierungskreisen» in Deutschland, so, als ob nichts passiert sei, es gehe nun um die transatlantische Freundschaft.
Es gehe um die transatlantische Partnerschaft.
Es gehe um die «Geschlossenheit» des Westens.
Es gehe um die westliche Wertegemeinschaft, um Freiheit und Demokratie.

Dazu allerdings fehlt vielen unter uns inzwischen ziemlich jeglicher Glaube.

Fest steht: Die USA ist kein Freund.

Auch Europa ist umgekehrt betrachtet kein Freund. Wenigstens was die Briten betrifft, herrscht offenbar auch keine EU-Mitgliedschaftsfreundschaft.

Staaten, lernen wir zur Zeit wieder einmal, sind weder «Partner», noch richten sie sich nach Werten aus, die sie gemeinschaftlich mit anderen Staaten fördern wollen.

Staaten bündeln Interessen.

Was Staaten als je eigene Interessen bündeln, wird innerstaatlich durchgesetzt.

Wer bloss die wirtschaftlichen Interessen der Kapitalseite als Interesse anerkennt – was in den USA seit Jahrzehnten mindestens meinungsführend so ist –, vertritt nicht die gleichen Interessen wie viele Menschen, denen an weitgefächerter Kultur, an sozialem Diskurs, an sozialer Gerechtigkeit, an ökologischer Vernunft usw. gelegen ist.

Auch das sind Interessen, die innerhalb rechtsstaatlicher Strukturen gebündelt werden (müssen). Erkennbar ist, dass sie den Geheimdiensten des Westens – denen anderer «Richtungen» sowieso – nicht nur nicht passen, sondern von ihnen der Einfachheit halber als feindliche Aktivitäten definiert sind.

Wem an demokratisch verfasster Rechtsstaatlichkeit gelegen ist, weiss inzwischen: Weder «die» USA noch «der Westen» sind verlässliche Freunde.

Wenn der islamistische Terror durch Regierungen und staatliche Behörden zum Anlass genommen wird, die rechtsstaatlichen Garantien der Unversehrtheit, der Meinungsäusserungsfreiheit, der vielfältigen, heterogenen, aus vielen Absichten und Ansichten bestehenden politischen Aktivitäten als polizeilich «nicht erlaubt», womöglich als «terroristisch» oder als staatsfeindlich zu erklären, zu verfolgen, zu unterdrücken, dann sprechen wir richtigerweise von Staatsterror.

Man soll sich sehr wohl auch in Europa daran erinnern, was einige US-Administrationen seit dem 2. Weltkrieg in Lateinamerika, in Asien, in Afrika (beispielsweise im Kongo mit der von Eisenhower befohlenen Ermordung des rechtmässig ins Amt gelangten ersten Präsidenten Lumumba, um ein Beispiel zu nennen) oder im Nahen Osten an Unrecht, an verbrecherischer Kriegsführung, an Missachtung der Menschenrechte befohlen hatten, um angebliche US-Interessen durchzusetzen.

Um unerklärte, geheimdienstlich aber offenbar genau akzentuierte US-Interessensdurchsetzungen in den westlichen Rechtsstaaten zu verhindern, braucht es mehr als bloss Lippenbekenntnisse. Es braucht Regierungen und Parlamente, welche den globalen Machtanmassungen der US- oder der britischen Geheimdienste klar entgegentreten und diese juristisch und politisch belangen. In Deutschland. In der Schweiz. In Europa.

Und:

Die Verteidigung unserer realen individuellen und sozialen Freiheiten findet nicht in Geheimdienstzentralen oder im Nato-Hauptquartier in Brüssel statt.

Sie beginnt in unseren Köpfen und ist auf Solidarität angewiesen, auf Solidarität – und hie und da etwas Mut – von vielen Individuen.

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