Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) will ihre Richtlinien für die Sozialhilfe teilweise revidieren. Gegenstand der Revision sollen unter anderem der Grundbedarf, die finanziellen Anreize und die Sanktionsmöglichkeiten sein.
Es sei notwendig, dass die in die Kritik geratenen SKOS-Richtlinien eine grössere politische Legitimation erhielten, sagte Peter Gomm, Präsident der Konferenz der kantonalen Sozialdirektoren (SODK), am Freitag vor den Medien in Bern. «Wir müssen eine Antwort auf Einzelfälle geben», sagte Gomm weiter. Aus diesem Grund werden die neuen Richtlinien von der Konferenz genehmigt und erlassen.
Die SKOS geriet in den letzten Jahren unter Druck; einzelne Schweizer Gemeinden haben den Fachverband verlassen. Ausgelöst hatte die Debatte ein Bundesgerichtsurteil im Fall der Gemeinde Berikon. Die Aargauer Gemeinde wurde zurückgepfiffen, weil sie einem unkooperativen Sozialhilfebezüger die Sozialhilfe strich.
Handlungsbedarf sieht Gomm vor allem in zwei Bereichen. Der Grundbedarf bei Grossfamilien müsse überprüft werden und das System von Anreizen und Sanktionen gelte es besser zu verzahnen. Genauer hinschauen sollte man bei jungen Erwachsenen.
Aus Sicht der Kantone spielen sich in diesem Spannungsfeld auch die Einzelfälle ab, die in der letzten Zeit für Kritik gesorgt haben. Für Gomm ist indes klar: «Einzelfälle sind, was sie sind: Einzelfälle.»
Anreizcharakter stärken
Die neuen teilrevidierten Richtlinien sollen per 1. Januar 2016 in Kraft treten. Von Anfang Februar bis Mitte März wird die SKOS dazu bei ihren 900 Mitgliedern – Kantone, Gemeinden, regionalen Sozialdiensten, Bundesämtern und privaten Organisationen – eine Vernehmlassung durchführen. Die letzte Totalrevision der Richtlinien liegt zehn Jahre zurück.
Als Grundlage für eine fundierte Auseinandersetzung hat die SKOS Anfang 2014 zwei wissenschaftliche Studien in Auftrag gegeben, um die Angemessenheit des Grundbedarfs sowie die Anwendung und Wirksamkeit der 2005 neu eingeführten Leistungen mit Anreizcharakter zu überprüfen.
Aus diesen beiden Studien lasse sich kein Bedarf an einem grundlegenden Umbau der Sozialhilfe oder einer Totalrevision der SKOS-Richtlinien ableiten, heisst es. Die Sozialhilfe funktioniere grundsätzlich gut, auch wenn einzelne Gemeinden prinzipielle Kritik an den SKOS-Richtlinien geäussert hätten.
Umsetzung von Studienresultaten
In einer der beiden Studie sei festgestellt worden, dass der Grundbedarf für Haushalte mit ein oder zwei Personen aktuell monatlich rund 100 Franken zu tief angesetzt sei. Massstab für die Berechnungen seien die Ausgaben für den täglichen Bedarf der zehn Prozent einkommensschwächsten Haushalte in der Schweiz.
In der Vernehmlassung soll nun geklärt werden, wie mit diesem Resultat umgegangen werden soll, aber auch, ob der Grundbedarf für grössere Haushalte und für junge Erwachsene reduziert werden sollte.
In der Vernehmlassung würden auch die Weiterführung und die Höhe von Einkommensfreibetrag, Integrationszulage und minimale Integrationszulage zur Diskussion gestellt. Weitere Themen seien schärfere Sanktionsmöglichkeiten, die situationsbedingten Leistungen und Schwelleneffekte.
Im Anschluss an die Vernehmlassung werden die Gremien der SKOS einen Revisionsvorschlag zuhanden der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) erarbeiten, die neu die Richtlinien erlassen wird.
Damit ergebe sich eine neue Aufgabenteilung: Als stark von der kantonalen und kommunalen Staatsebene geprägte Fachorganisation sei die SKOS das richtige Gefäss für fachliche Debatten über die Sozialhilfe, die SODK nehme dagegen die politische Verantwortung der Kantone explizit wahr und stärke die politische Legitimation der Richtlinien.