Sneakers: Hinter den Turnschuhen steckt eine Kultur

Turnschuhe sind nicht nur bequeme Strassentreter, sondern auch ein Objekt der Begierde für Sammler. Am Sonntag findet in Basel zum ersten Mal ein Sneaker-Markt statt. Die TagesWoche hat mit einem der Organisatoren, Marc Sonderegger, gesprochen.

Zu den Sneakers kam Marc Sonderegger übers Basketball. Seit drei Jahren führt er den Seven Sneaker Store in Basel.

(Bild: Alex Preobrajenski)

Turnschuhe sind nicht nur bequeme Strassentreter, sondern auch ein Objekt der Begierde für Sammler. Am Sonntag findet in Basel zum ersten Mal ein Sneaker-Markt statt. Die TagesWoche hat mit einem der Organisatoren, Marc Sonderegger, gesprochen.

Spätestens seit dem legendären Song «My Adidas» von Run DMC sind Turnschuhe oder «Sneakers» ein fester Bestandteil der Hip-Hop-Szene. Aus Schuhen, die man fürs Sport treiben verwendet hat, wurde im Laufe der letzten 40 Jahre ein Lifestyle-Produkt: weit über die Hip-Hop-Szene hinaus. 

Mittlerweile verkaufen Hersteller wie Adidas oder Nike mehr Turnschuhe, die im Alltag als Modeaccessoire getragen werden, als zum Laufen oder Basketball spielen. Am Sonntag, den 26.10., veranstaltet die Sneaker-Sammlergruppe Jäger & Sammler zusammen mit Marc Sonderegger, Besitzer des Seven Sneaker Store, den ersten Sneaker-Markt in Basel. Die TagesWoche sprach mit Sonderegger über die Sneaker-Kultur.

Herr Sonderegger, am Sonntag findet in der Markthalle die «Sole Season» statt. Für wen ist dieser Sneaker-Markt interessant?

Es werden wohl vor allem Sammler kommen, die ihre eigene Kollektion verkaufen. Dieser Markt findet zum ersten Mal in Basel statt und die Veranstaltung ist ähnlich wie eine Sneakerness, aber einfach in einem viel kleineren Rahmen. Wir erwarten schon einige Leute. Ich habe auch ein bisschen Angst, dass es zu viele werden. Sneakers sind im Moment sehr populär.

 Warum sind Sneakers denn im Moment populärer als früher?

Wirklich populär sind Sneakers wieder seit zwei oder drei Jahren. Sneakers zu tragen, ist in der Gesellschaft viel stärker toleriert als früher. Vorher war oft die Meinung: Sneakers seien nicht elegant. Heute geht man mit Turnschuhen auch ins Büro.

Vielleicht ist es auch eine Frage der Generationen. Die Teenager der 1990er-Jahre, die mit Sneakers aufgewachsen sind, haben jetzt Geld und können sich die Schuhe leisten. Ich habe das Gefühl, dass sie sich jetzt ihren Teenager-Traum verwirklichen können.

Das heisst: Die Sneakers, die man heute kaufen kann, sind Kopien von Schuhen aus den 1990er-Jahren?

Ich habe das Gefühl, dass im Moment Vintage-Sachen in allen Bereichen – also Möbel, Kleidung oder eben Schuhe – extrem gut ankommen. Die meisten Schuhe, die ich hier im Laden habe, sind Modelle aus den 1990er- oder 1980er-Jahren. Das Air-Max-Modell von Nike kam im Jahr 1987 erstmals auf den Markt. Alle heutigen Vintage-Modelle von Asics stammen ursprünglich aus den späten 1980er- oder 1990er-Jahren. Viele neue Sneaker-Modelle sind von alten Sachen inspiriert.

Sneakers haben also eine Geschichte. Ist das ein Grund, warum man Sneakers auch sammelt?

Bei Sammlern sind die älteren Schuhe sicher beliebter. Aber fast hinter jedem Schuh steckt eine Geschichte. Der Air Max 1 zum Beispiel ist der erste Schuh, bei dem man das Luftkissen sieht. Der Designer von Nike hat sich von der Bauweise des Centre Pompidou inspirieren lassen. Beim Centre Pompidou sieht man die ganze Technik: die Wasserröhren, Elektrizität und so weiter. Und der Designer wollte auch beim Air Max die Technologie zeigen und so ist das Luftkissen entstanden. Nike hat das schon sehr früh verstanden, dass man die Geschichte hinter den Schuhen erzählen muss. Das macht die Schuhe für Sammler interessant.



Der neuste Streich von Nike: Ein Air Max mit durchgehendem Luftkissen.

Der neuste Streich von Nike: Ein Air Max mit durchgehendem Luftkissen. (Bild: Felix Michel)

Sind Sie auch ein Sammler?

Ja klar, so hat alles angefangen. Für mich war es nie wirklich eine Sammlung und ich habe mir auch nie gesagt: Jetzt fange ich eine Sneaker-Sammlung an. Es wurden einfach immer mehr Schuhe. Und irgendwann hat man dann zu viele Schuhe und man trägt auch nicht mehr alle. Wenn man dann mehr als Hundert Paar Schuhe hat, muss man aber sagen: Es ist eine Sammlung.

Wie viele haben Sie jetzt?

Seit ich den Laden habe noch viel mehr. Mittlerweile sind es 200 oder 300 Paare. Ein Teil ist bei meinen Eltern auf dem Estrich, ein anderer Teil ist hier im Laden und der Rest ist noch bei mir zu Hause.

200 Paar Sneakers, und die meisten davon trägt man gar nicht. Ist das nicht ein unglaublicher Überfluss?

Klar, aber ich denke, das ist auch unsere Gesellschaft und Kultur. Ob es wirklich schlimm ist? Es zeigt doch nur, wofür man sein Geld verwendet. Manche kaufen viele Kleider, andere rauchen täglich eine Schachtel Zigaretten und gewisse Leute geben jedes Wochenende Hunderte von Franken für Partys aus. Was ist da jetzt schlimmer? Ein Paar Schuhe kaufen oder Party machen? Ich glaube, es ist eine Frage der Prioritäten. Mit Brauchen hat das alles nichts mehr zu tun.

Sagen Schuhe auch etwas über die Menschen aus, die sie tragen?

Mir haben schon Leute gesagt, dass die Schuhe das Wichtigste sind. Wenn man günstige oder hässliche Kleider trägt, aber dazu eine ausgefallen Schuh, dann verändert sich gleich das ganze Outfit. Gewisse Leute sind eher ein Adidas-Typ, andere tragen lieber Nikes oder Reebok. Das hat mit dem Kleidungsstil zu tun, aber auch mit der Musik, die man hört. Und auch mit der Region.

Zeigen Sie uns Ihre Sneaker und wir sagen Ihnen, wer Sie sind! Turnschuhe sagen etwas über den Menschen darin aus? Wir machen den Test: Schicken Sie ein Foto Ihrer Sneakers an community@tageswoche.ch – am besten, wenn Sie drin stecken, natürlich ohne, dass mehr zu sehen ist. Stellen Sie Marc Sonderegger sowie unseren hauseigenen Schuhsammler Tobias Gees auf die Prüfung und erfahren Sie, was die beiden aus Ihren Schuhen lesen. Die Bilder werden wir mit den Ausführungen veröffentlichen. Wir freuen uns auf viele Bilder – und noch viel mehr auf die Auflösung!

Was meinen Sie mit Regionen? Trägt man in Basel andere Turnschuhe als in Zürich?

Ja das auch. In Zürich trägt man die ausgefalleneren, gewagteren Sneakers als in Basel. Basel ist sehr traditionell. Aber ich meine auch den Unterschied zwischen der Deutschschweiz, der Romandie und dem Tessin. In der Romandie merkt man den Einfluss von Frankreich. Basketball ist dort auch viel populärer und prägender für die Sneaker-Kultur.

Und wie sieht es in der Musikszene aus? Passen gewisse Sneakers zu einer bestimmten Szene?

Die Szenen unterscheiden sich sicherlich. Im Hip-Hop gehören Sneakers einfach dazu. Im Rock ist eher der Adidas Superstar verbreitet oder auch Schuhe von Onitsuka Tiger. Auch in der Techno-Szene trägt man andere Schuhe als beim Hip-Hop. Früher trugen Techno-Leute oft das Modell Air Max BW Classic und in letzter Zeit wurde der Air Max 1 viel populärer. Wenn ein Schuh in immer mehr Szenen beliebt und verbreitet ist, dann sind diese Modelle für Sammler aber nicht mehr attraktiv.

Sind Sneakers auch ein Statussymbol?

Die Jugendlichen wollen immer früher angesagte Sneakers tragen. Aber das geht ins Geld. Reichere Eltern können sich das leisten. Das ist für mich schon ein Statussymbol. Eltern, die aber eher knapp bei Kasse sind, kaufen eben Turnschuhe im Dosenbach oder Ochsner. Ich weiss nicht, ob das schlimm ist. Das war auch schon immer so, würde ich sagen. Früher waren es vielleicht eher Taschen, aber sicher auch Schuhe. Aber vielleicht fängt dieses Bewusstsein für Mode heute früher an.

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Am Sonntag, den 26.10., findet in der Markthalle zum ersten Mal die Sole Season statt. Ein Sneaker-Markt auf über 250 Quadratmetern mit alten und neuen Kostbarkeiten aus privaten Sammlungen. 

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