Im Kanton Solothurn werden Oberrichter auch künftig vom Parlament und nicht vom Volk gewählt. Das Kantonsparlament hat am Mittwoch die in einem Volksauftrag geforderte Änderung der Kantonsverfassung klar abgelehnt, damit das Volk die hohen Richter direkt wählen könnte.
Der Kantonsrat hiess den Volksauftrag mit 78 zu 18 Stimmen für nicht erheblich. Auch der Regierungsrat wollte von der Volkswahl nichts wissen.
Die Sprecherin der Justizkommission, Johanna Bartholdi (FDP), sagte, mit einer Volkswahl werde die Justiz verpolitisiert. Die Oberrichter müssten sich bei jedem Urteil um ihre Wiederwahl sorgen.
Das bewährte System, wonach das Parlament die Richter wähle, dürfe nicht in Frage gestellt werden. Die Mitglieder des Parlament seien vom Volk gewählt worden.
Ausser der SVP sind alle gegen Volkswahl
Die Fraktion CVP/EVP/GLP/BDP hielt fest, die Unabhängigkeit der Justiz sei unantastbar. Die System der Gewaltenteilung dürfe nicht gebrochen werden.
Die Richter seien dem Recht verpflichtet und nicht den Interessen einzelner Bürger, betonte die SP. Das geltende System habe sich bewährt. Für die Grünen wäre die Volkswahl ein Rückschritt.
Eine Volkswahl der Oberrichter führe nicht unbedingt zu anderen Urteilen, hiess es bei der FDP. Die Oberrichter würden im Kanton Solothurn seit 1830 vom Kantonsrat gewählt. Ein Richter sei nur dem Recht verpflichtet und müsse unabhängig sein.
Der SVP-Sprecher wies darauf hin, dass die Mitglieder der Amtsgerichte in den Bezirken alle vier Jahre vom Volk gewählt würden. Im Kanton sei kein Oberrichter Mitglied der SVP. Der Volksauftrag sei daher «weise und gerechtfertigt». Das Volk sei viel geeigneter als der Kantonsrat.
Justizdirektor Roland Fürst (CVP) sagte, dass in nur 8 Kantonen die Oberrichter vom Volk gewählt würden. In 17 Kantonen wähle das jeweilige Parlament die Richter. Die Richter müssten gemäss Verfassung unabhängig und nicht einer Partei verpflichtet sein. Richter seien nicht der verlängerte Arm von Parteien.
Kritik an «bürgerfeindlicher Justiz»
Im Oktober 2014 hatte Paul Sahli aus Lostorf den Volksauftrag «Für die Volkswahl der Oberrichter und Oberrichterinnen» bei der Staatskanzlei eingereicht. Der Volksauftrag zählte 137 beglaubigte Unterschriften.
Das Obergericht richte sich bei seiner Rechtsprechung nicht am Wohl des Bürgers aus, sondern am Wohl der Verwaltung, hiess es in der Begründung des Auftrags. Man habe «genug von dieser bürgerfeindlichen Justiz des Obergerichtes». Die Oberrichter müssten sich nie einer Volkswahl stellen.
Mit einem Volksauftrag haben 100 Solothurner Stimmberechtigte gemäss Kantonsverfassung das Recht, dem Kantonsrat schriftlich einen Antrag zu stellen.