Jeder Tag, an dem die Sonne scheint und der Wind bläst in Deutschland, ist ein schlechter Tag für den Schweizer Energiekonzern Alpiq. Dann nämlich sinken wegen der Solar- und Windkraftanlagen die europäischen Strompreise ins Bodenlose. Die Überkapazitäten hinterliessen im Halbjahresbericht des Stromkonzerns ihre Spuren.
Der Gewinn brach im ersten Halbjahr gegenüber der Vorjahresperiode um 82 Prozent auf 21 Mio. Fr. ein. Nebst den Subventionen für Wind- und Sonnenenergie im Ausland hätten auch die tiefen Kohle- und CO2-Preise zu tieferen Grosshandelspreisen geführt, sagte Alpiq-Sprecher Andreas Meier auf Anfrage.
Besonders unter Druck sind die Wasserkraftwerke, welche rund ein Drittel zum Alpiq-Strommix beitragen. Das Geld, das Alpiq in der Vergangenheit mit dem Stromverkauf zu Spitzenzeiten am Mittag verdiente, fehlt nun in der Kasse.
Alpiq fordert deshalb Massnahmen von der Politik. Die Wasserkraft leide unter Steuern und Abgaben, die rund 40 Prozent der Kosten ausmachten, sagte Meier. «Auch die Wasserkraft sollte bei der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) die gleiche Behandlung wie die anderen erneuerbaren Energien erfahren.»
Bisher profitieren davon nur Kleinwasserkraftwerke, Grosskraftwerke sind ausgenommen. Das Thema wird zur Zeit in den Kommissionen und demnächst im Parlament behandelt.
Schnellere Reaktion der Händler gefragt
Die tiefen Grosshandelspreise wirkten sich auch auf die übrigen Kennzahlen aus: Das Betriebsergebnis (EBIT) sank um 37 Prozent auf 162 Mio. Franken, und der Umsatz fiel um 15 Prozent auf 4,07 Mrd. Franken.
Besser lief es laut Meier beim Handel, der dank des Kosteneinsparungsprogramms des Gesamtkonzerns wieder stabilisiert werden konnte. Das Handelsgeschäft werde nun vermehrt an die volatilen Marktbedingungen angepasst.
«In Zukunft werden unsere Händler rund um die Uhr am Markt sein und können reagieren, wenn Wolken die Photovoltaikanlagen bedecken.» Seit diesem Jahr verkaufe man Strom zudem auch in kleineren Zeiteinheiten: in Viertelstunden- statt wie früher in Stundeneinheiten.
Bei den Dienstleistungen legte Alpiq zu. Insbesondere in der Gebäude- und Verkehrstechnik sei man gewachsen, sagte Meier. Mit der Übernahme des britischen Konzerns Flexitricity, der auf die Stromerzeugung von energieintensiven Unternehmen spezialisiert ist, stieg Alpiq im Frühling zudem ins dezentrale Energiemanagement ein.
Gleichzeitig mit dem Aufbau des neuen Geschäfts will Alpiq die Schulden abbauen. «Die Nettoverschuldung müssen wir weiter reduzieren», sagte Konzernchefin Jasmin Staiblin vor den Medien.
Dies soll etwa durch den angekündigten Verkauf der Anteile an der Netzgesellschaft Swissgrid sowie weiteren Sparmassnahmen geschehen. Im ersten Halbjahr sank die Nettoverschuldung um 31 Mio. Fr. auf 2,01 Mrd. Franken.