Der Nordkorea-Satirefilm «The Interview» kommt in den USA nicht wie geplant an Weihnachten in die Kinos. Das Studio Sony Pictures hat den Kinostart nach mysteriösen Terrordrohungen von Hackern abgesagt. Hinter dem Angriff auf Sony vermutet die US-Regierung Nordkorea.
Am 25. Dezember sollte «The Interview» in den USA starten. Der Film dreht sich um zwei US-Journalisten, die den Auftrag erhalten, Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un bei einer Interview-Gelegenheit zu töten.
Dazu kommt es nun aber nicht: «Angesichts der Entscheidung einer Mehrheit unserer Kinobetreiber, den Film ‚The Interview‘ nicht zu zeigen, haben wir beschlossen, den für den 25. Dezember geplanten Kinostart abzusagen», zitierten zahlreiche US-Medien am Mittwochabend (Ortszeit) aus einer Mitteilung des Filmstudios.
«Wir respektieren und verstehen die Entscheidung unserer Partner und teilen natürlich auch ihr vorrangiges Interesse an der Sicherheit ihrer Angestellten und Kinobesucher», hiess es weiter.
Anspielung auf 9/11
Hacker sollen Sony am Dienstag (Ortszeit) gedroht haben: «Erinnert Euch an den 11. September 2001.» Wegen des Films werde «die Welt mit Angst erfüllt». Sie riefen dazu auf, sich von den Kinos, in denen der Film gezeigt werde, fernzuhalten. «Sollte Ihr Haus in der Nähe sein, so verlassen sie es besser», warnten die Hacker.
Zahlreiche grosse Kino-Ketten in Nordamerika hatten bereits mitgeteilt, den Film nicht zeigen zu wollen. Auch die für Donnerstag geplante New Yorker Premiere wurde abgeblasen.
Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP sagte ein Sony-Sprecher, es gebe nun gar keine Pläne mehr für eine Veröffentlichung. Es blieb aber zunächst unklar, was mit Veröffentlichungen auf DVD und anderen Formaten passieren soll und ob die Absage tatsächlich für alle Kinos weltweit galt. In der Schweiz soll der Film, dessen Produktion rund 44 Mio. Dollar gekostet hat, im März anlaufen.
Der Schauspieler Rob Lowe, der in «The Interview» mitspielt, zeigte sich erstaunt ob Sonys Entscheid. «Wow. Alle geben klein bei. Die Hacker haben gewonnen», schrieb er im Internetdienst Twitter.
Wow. Everyone caved. The hackers won. An utter and complete victory for them. Wow.
— Rob Lowe (@RobLowe) 17. Dezember 2014
Auch der konservative US-Politiker Newt Gingrich verurteilt den Konzern:
No one should kid themselves. With the Sony collapse America has lost its first cyberwar. This is a very very dangerous precedent.
— Newt Gingrich (@newtgingrich) 17. Dezember 2014
US-Präsident Barack Obama zeigte sich hingegen wenig beeindruckt von den Drohungen: «Mein Rat ist: Gehen Sie ins Kino.»
Keine konkreten Hinweise
Eine Hackergruppe namens «Guardians of Peace» hat sich zu den Angriffen und Drohungen bekannt und fordert konkret, den Film «The Interview» zu stoppen. Nordkorea bestritt offiziell, an der Attacke beteiligt gewesen zu sein. Wer genau hinter der Gruppe steckt, ist nicht bekannt.
Nach Ansicht der US-Regierung soll aber sehr wohl Nordkorea hinter der Attacke auf Sony stecken. Ermittler seien zum Schluss gekommen, dass die Führung in Pjöngjang für die Computer-Attacke verantwortlich sei, berichteten US-Medien am Mittwochabend unter Berufung auf namentlich nicht genannte Regierungsvertreter.
Die Regierung von US-Präsident Barack Obama werde vermutlich in Kürze eine offizielle Stellungnahme zu den Vorwürfen veröffentlichen, berichteten etwa die «New York Times» oder Nachrichtenagentur Reuters.
Beim Angriff war es den Hackern in einer beispiellosen Aktion gelungen, flächendeckend auf die Datenbestände des Konzerns zuzugreifen. Der IT-Betrieb von Sony Pictures war über Tage lahmgelegt.
Drehbücher und Mitarbeiterdaten veröffentlicht
Die Hacker kopierten Tausende interne Dokumente und veröffentlichten die Unterlagen zum Teil im Internet. Darunter sind brisante Details wie interne E-Mails und persönliche Daten von Filmstars. Auch ein Drehbuch zum neuen James-Bond-Film «Spectre» wurde kopiert und war teilweise im Netz verfügbar.
Die Daten von Tausenden Mitarbeitern wurden gestohlen und deren PCs beschädigt. Die Hacker stellten Daten zu Produktionskosten und Erlösen von Sony-Filmen, Gehälter von Schauspielern und Adressen von Mitarbeitern ins Netz.
Zuvor sollen die Hacker versucht haben, Geld von Sony Pictures zu erpressen. Laut «Computerworld» hatten die Unbekannten bereits Tage vor dem Angriff im November Geldforderungen gestellt.