Der Protest der «Mistgabel-Bewegung» dehnt sich aus. Am vierten Tag in Folge protestierte am Donnerstag eine heterogene Front aus Fernfahrern, Bauern, Studenten und Arbeitslosen in mehreren italienischen Städten gegen die Regierung.
Die Demonstrationen führten vielfach zu starken Behinderungen im öffentlichen Verkehr. In Mailand kam es erneut zu Protestkundgebungen unweit der zentralen Piazza del Castello. Die Demonstranten blockierten teilweise den Verkehr, was zu chaotischen Zuständen in der Metropole führte.
Auch in Turin kam es zu Protesten vor dem Rathaus. In der norditalienischen Region Piemont wurden mehrere Strassen blockiert. Fernfahrer legten zwei Stunden lang mit ihren Fahrzeugen den italienisch-französischen Grenzübergang in Ventimiglia lahm. Die Polizei setzte Tränengas ein, um die Demonstranten zu vertreiben.
In Rom arteten Studentenproteste in Krawalle aus. Demonstranten warfen Molotow-Flaschen auf die Sicherheitskräfte, die den Eingang der Universität La Sapienza kontrollierten.
Hier war die nationale Konferenz zum Thema Green Economy im Gange, an dem sich unter anderem Wirtschaftsminister Fabrizio Saccomanni und mehrere Mitglieder der Regierung von Premier Enrico Letta beteiligten. Umweltminister Andrea Orlando zeigte sich besorgt. «Italien hat soziale Probleme. Ich bin für den Dialog, doch ich glaube nicht, dass man diesen mit Molotowcocktails fördern kann», sagte Orlando.
Unpolitischer Protest
Innenminister Angelino Alfano warnte am Donnerstag in einer Ansprache vor der Abgeordnetenkammer vor gewaltsamen Ausschreitungen, die in ganz Italien ausbrechen könnten. Seit Beginn des Protests am Montag seien 14 Polizisten verletzt worden. Fünf Demonstranten wurden verhaftet, 55 wurden festgenommen, berichtete der Minister.
«Der Protest, der laut den Organisatoren unpolitisch ist, wird jedoch de facto von mehreren extremistischen Gruppen unterstützt. Es besteht die Gefahr, dass der soziale Protest in eine Revolte gegen nationale und europäische Institutionen ausarten könnte», warnte Alfano. Der Protest könnte in den kommenden Tagen weiterhin andauern.
«Das Parlament und die Institutionen verlangen in diesen bitteren Zeiten Respekt», kommentierte Premier Letta. Vize-Wirtschaftsminister Stefano Fassina warnte vor der Gefahr, dass Populisten die Führung der Proteste übernehmen könnten.
Höhere Steuern und Arbeitslosigkeit im Visier
Der Protest richtete sich unter anderem gegen Steuererhöhungen, Banken und Arbeitslosigkeit. Die sogenannten «Forconi» waren Anfang 2012 in Sizilien aus Widerstand gegen die hohen Benzinpreise entstanden und umfassen vor allem Lastwagenfahrer, Fischer und Bauern. Sie beklagen sich über die erdrückende Steuerlast.
Zu den teilweise wilden Streiks hat die Gewerkschaft Trasportounito aufgerufen, die 7000 Mitglieder vertritt. Die Fernfahrer protestieren mit ihren Aktionen auch gegen die umfangreichen Liberalisierungspläne der Regierung Letta und gegen die hohen Benzinsteuern. Sie fordern unter anderem Transparenz, Steuergerechtigkeit und die Abschaffung aller Privilegien.