Im Hinblick auf die Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf das neue EU-Land Kroatien fordern die Sozialdemokraten neue flankierende Massnahmen gegen Lohndumping und Wohnungsnot sowie eine Bildungsoffensive. Die SP macht dies zur Bedingung für die Unterstützung der Weiterführung der Personenfreizügigkeit an der Urne.
Die «bewährten» flankierenden Massnahmen müssten ausgebaut und ergänzt werden, damit die «Früchte der Freizügigkeit» gerecht verteilt werden, hielt die SP am Montag bei der Präsentation ihres Positionspapieres über die Weiterführung der Personenfreizügigkeit fest.
Das Papier wird am 26. Oktober an der Delegiertenversammlung verabschiedet. Konkret fordert die Partei Mindestlöhne und bessere Kontrollen gegen Lohndumping, die Förderung von günstigem Wohnraum, Schutz vor ungerechtfertigten Mietzinserhöhungen und eine Bildungsoffensive.
Ausbilden statt importieren
So will die SP, dass mehr einheimische Ärzte und Pflegefachleute ausgebildet statt importiert werden. Und da es in der Schweiz derzeit keine Mindestlöhne gibt, sollen Gesamtarbeitsverträge einfacher allgemeinverbindlich erklärt werden können.
In den Grenzregionen Tessin, Genf und dem Jura entlang soll Lohndumping besser bekämpft werden können, damit nicht noch mehr einheimische Arbeitskräfte verdrängt werden, wie die SP weiter festhält.
Für den Wohnungsmarkt fordert die SP Kosten- statt Marktmieten und die Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus. Zudem sollen Mieterinnen und Mietern bei einem Wohnungswechsel transparent erfahren um wie viel und weshalb der Mietzins angehoben wird. In den wirtschaftlichen Brennpunkten in Zürich, am Genfersee und in der Zentralschweiz sollen weiter die Anfangsmieten begrenzt werden können.
Grund für die Forderungen ist die Sorge der SP um Akzeptanz für die Öffnung der Schweiz. Ohne weitere Massnahmen werde diese bröckeln, schreibt die Partei. Sollte den Forderungen nicht Rechnung getragen werden, «wird die SP die Weiterführung der Personenfreizügigkeit in der Abstimmung über die Ausdehnung auf Kroatien nicht unterstützen», wird SP-Präsident Christian Levrat in der Mitteilung zitiert.
SVP droht mit Referendum
Bei einer Abstimmung könnte es somit allenfalls zu einer unheiligen Allianz von SP und SVP kommen. Letztere hat bereits mit dem Referendum gedroht. Noch ist die Vorlage bis am 28. November in der Vernehmlassung. Erst dann geht sie ans Parlament.
Das zwischen der Schweiz und der EU ausgehandelte Zusatzprotokoll zum Personenfreizügigkeitsabkommen entspricht weitgehend den bekannten Übergangsbedingungen, die auch für die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf acht osteuropäische Staaten im Jahr 2006 sowie auf Rumänien und Bulgarien 2009 galten.
Während der ersten zehn Jahr hat die Schweiz die Möglichkeit, die Zuwanderung zu beschränken. In den ersten sieben Jahren gelten Kontingente und ein Inländervorrang, in den restlichen drei Jahren kann die Schweiz die Ventilklausel anrufen.
Ausserdem gelten auch für die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien die flankierenden Massnahmen für Bauwesen, Gartenbau, Reinigung in Industrie sowie Bewachungs- und Sicherheitsdienst: Kroatische Arbeitnehmer und Entsendebetriebe benötigen für diese Tätigkeiten eine Bewilligung.