Wann das Volk über die SP-Initiative für eine öffentliche Krankenkasse abstimmt, steht noch nicht fest. Die Argumente aber liegen auf dem Tisch: Die SP ist überzeugt, dass eine öffentliche Krankenkasse die Kosten senken und die Versorgung verbessern würde.
Über Nacht würden die Prämien zwar nicht substanziell sinken, sagte Gesundheitsökonomin Anna Sax, die sich im Auftrag der SP mit den möglichen Auswirkungen einer Einheitskasse befasst hat, am Montag vor den Medien in Bern. Längerfristig gebe es aber ein Sparpotenzial in Milliardenhöhe.
Das kurzfristige Sparpotenzial beziffert die SP auf 300 bis 350 Millionen Franken. Dies sind im besten Fall 1,5 Prozent des Prämienvolumens. Längerfristig könnten gemäss Sax bei den teuren Patientinnen und Patienten indes zehn bis zwanzig Prozent der Kosten eingespart werden – und dies bei gleich bleibender oder besserer Versorgungsqualität, dank koordinierter Betreuung.
Kranke werden schikaniert
Die teuersten fünf Prozent der Patienten verursachen mehr als die Hälfte der Kosten. Im heutigen System versuchten die Kassen, diese «schlechten Risiken» abzuschieben, sagte Sax. Nicht selten böten sie sogar absichtlich eine schlechte Servicequalität, um chronisch Kranke loszuwerden.
Eine öffentliche Krankenkasse dagegen hätte diese Möglichkeit nicht. Sie würde das Kostenproblem daher bei der Wurzel packen. Für die öffentliche Krankenkasse würde es sich auch lohnen, in Gesundheitsförderung und Prävention zu investieren.
Verlust von 2000 Arbeitsplätzen
Die SP verschweigt nicht, dass durch die Initiative Arbeitsplätze verloren gingen. Sie rechnet mit dem Verlust von 2000 der heute 7900 Stellen. Betroffen wären vor allem das Marketing, die Kundenakquisition und das Management der Krankenkassen. Aus Sicht der Partei überwiegen aber die Vorteile, da der heutige «Pseudowettbewerb» beendet würde.
Bei Sozialversicherungen und anderen obligatorischen Versicherungen seien staatlich geschätzte Monopole generell effizienter als private Unternehmen, schreibt Sax. Dies zeige sich etwa bei der Unfallversicherung SUVA und der Gebäudeversicherung. SP-Gesundheitspolitikerin Jacqueline Fehr zog auch den Vergleich zur SBB. Vor deren Gründung im Jahr 1902 sei eine ähnliche Diskussion geführt worden. Der Entscheid für die Bundesbahnen habe sich als segensreich herausgestellt.
Skepsis bei Gegenvorschlag
Gesundheitsökonomin Sax befasste sich nicht nur mit der Initiative, sondern auch mit dem Projekt des Bundesrates für einen indirekten Gegenvorschlag. Der Bundesrat möchte mit einer Rückversicherung eine Art Einheitskasse für die teuersten Patienten schaffen und den Risikoausgleich verfeinern.
Dazu hält die Studie fest, ein Hochkostenpool sei besser als nichts, habe aber einen gewichtigen Nachteil: Die Versicherer hätten noch weniger Anreize, das Kostenmanagement bei ihren teuersten Versicherten zu verbessern, weil sie die Kosten aus dem Pool zurückerstattet erhielten.