Kroatien und Spanien machen ab 20.45 Uhr in Danzig im direkten Duell den Gewinner der Gruppe C aus. Der allfällige Verlierer reist nach Hause – falls Italien gegen Irland gewinnt.
Titelverteidiger Spanien untermauerte in den ersten beiden Vorrundenspielen seine Favoritenstellung im Turnier, aber wie schnell es gehen kann mit dem Kofferpacken, machte das Beispiel von Russland deutlich. Zum Erreichen der Viertelfinals reicht den Spaniern auch ein Unentschieden. Doch eine Niederlage werden sich die iberischen Ballkünstler kaum leisten können, zumal sie nicht darauf zählen dürfen, dass Irland den Italienern Punkte abknöpft. Die Squadra Azzurra hat es ihrerseits nicht mehr in eigener Hand, die Vorrunde zu überstehen. Man fürchtet sich vor einem «Päckli»: Spielen Spanien und Kroatien 2:2, reicht den Italienern auch ein Sieg nicht.
Zuletzt beim 4:0 gegen Irland machten die Spanier mit ihrem prickelnden Champagner-Fussball die Gläser randvoll. Kroatien aber wird ein Gegner sein, der sich nicht so einfach abservieren lässt. Mario Mandzukic, bisher dreifacher Torschütze, gibt sich kämpferisch: «Wir spielen gegen ein grosses Team, aber Angst haben wir keine.» Selbst ihm ist jedoch klar, dass es «ein bisschen Glück braucht». Coach Slaven Bilic, der nach der EM Lokomotive Moskau übernehmen wird, geht noch ein bisschen weiter: «Wie müssen das beste Spiel unseres Lebens machen. Nur wenn wir 90 Minuten konzentriert sind und als Team funktionieren, haben wir eine Chance.»
Modric spottet: «Die Italiener haben immer vor irgendetwas Angst»
Auf eine Abwehrschlacht können sich die Kroaten aber nicht einlassen. Mindestens ein Tor werden sie schiessen müssen, denn ein 0:0 wird nicht reichen, wenn die Italiener die Iren schlagen. Für das Komplott-Gerede, das im Lande des Stiefels dominierendes Thema ist, hat Spielmacher Luka Modric nur Spott übrig: «Die Italiener haben doch immer vor irgendetwas Angst.»
Auch Spaniens Coach Vicente Del Bosque, der seinen Vertrag bereits bis zur WM-Endrunde 2014 verlängert hat, hält die Diskussion um eine Absprache für unsinnig: «Wir sind nur am Sieg interessiert.» Mit welchem Personal er das umsetzen will, liess er offen. Immerhin zeigte Fernando Torres, der gegen Irland nach fast zwei Jahren wieder als Torschütze im Nationalteam auftrat, dass er eine valable Option zum System ohne nominellen Stürmer ist.
Pflicht gegen Irland kein Selbstläufer
In Italien drehen sich die Sorgen fast ausschliesslich um das Parallelspiel. Kaum jemand scheint daran zu denken, dass das eigene Team zunächst einmal die Hausaufgaben erledigen muss. Gewinnen scheint aber derzeit für Italiens Kicker kein Selbstläufer. Seit dem WM-Titel von 2006 haben sie in den neun folgenden Spielen an Endrunden ein einziges Mal drei Punkte eingefahren: beim 2:0 gegen Frankreich im Vorrundenspiel der EM 2008.
Italiens Coach Cesare Prandelli mag die Verschwörungstheorien seiner Landsleute nicht mehr hören: «Die Spanier spielen seit vielen Jahren grossartig. Alle Welt will sie kopieren. Und nun sollen sie es mit Schiebung probieren? Ausgeschlossen.» Er konzentriert sich auf die eigene Mannschaft, die gegen Spanien gute Ansätze erkennen liess, die aber im Sturm mit dem Duo Mario Balotelli und Antonio Cassano nicht sehr durchschlagskräftig besetzt scheint.
Balotellis Knieprobleme kommen da gar nicht so ungelegen. Der schwierige Jungstar könnte so auf die Ersatzbank gesetzt werden, ohne dass er das Gesicht verlöre. Es wäre Platz frei für Antonio Di Natale, erstmals von Beginn weg zu stürmen.
Zu Änderungen dürfte es auch in der Abwehr kommen, da Andrea Barzagli nach überstandener Wadenzerrung wieder verfügbar ist. Daniele De Rossi könnte wieder auf seine angestammte Mittelfeld-Position neben Andrea Pirlo vorrücken. Wie auch immer: Ein erneutes Out in der Vorrunde würden die Tifosi ihrem Team nicht verzeihen. Die WM 2010, wo man in der Poule mit Paraguay, der Slowakei und Neuseeland auf der Strecke blieb, ist noch kaum verarbeitet. Nun folgt mit Irland eine nächste unangenehme Pflichtaufgabe.