Spaniens Premier Rajoy will trotz herber Verluste weiterregieren

Ministerpräsident Mariano Rajoy und seine Volkspartei (PP) haben bei der Parlamentswahl in Spanien die 2011 noch erreichte absolute Mehrheit verloren. Rajoy steht nun vor komplizierten Koalitionsverhandlungen.

Spaniens Premier Mariano Rajoy will trotz Verlusten bei der Parlamentswahl die Regierung bilden. (Bild: sda)

Ministerpräsident Mariano Rajoy und seine Volkspartei (PP) haben bei der Parlamentswahl in Spanien die 2011 noch erreichte absolute Mehrheit verloren. Rajoy steht nun vor komplizierten Koalitionsverhandlungen.

Trotz drastischer Stimmenverluste seiner Partei bei der Parlamentswahl in Spanien will Ministerpräsident Mariano Rajoy die neue Regierung bilden. «Wir haben die Wahl gewonnen», betonte der konservative Regierungschef in der Nacht zum Montag. «Und wer die Wahl gewonnen hat, muss auch die Regierung bilden.»

Er liess aber offen, wie er die notwendige Mehrheit im Parlament zusammenbekommen will. Rajoys Volkspartei (PP) hatte sich am Sonntag zwar als stärkste Kraft behauptet, die 2011 noch erreichte absolute Mehrheit aber verloren.

Die PP büsste etwa ein Drittel ihrer Sitze ein. Die Wähler straften die Konservativen unter anderem für deren unpopuläre Sparpolitik ab. Die PP war zudem wegen einer Reihe von Korruptionsskandalen in die Schlagzeilen geraten.

Hinter der PP landeten die Sozialisten (PSOE). Sie erzielten ihr schlechtestes Ergebnis seit der Rückkehr des Landes zur Demokratie nach dem Ende der Franco-Diktatur (1939-1975). PSOE-Chef Pedro Sánchez räumte seine Niederlage ein und gratulierte Rajoy zum Erfolg. Auch Sánchez sagte, als stärkste Fraktion müssten die Konservativen als erste eine Regierungsbildung versuchen.

Neue Ära

Die Wahl leitete eine neue Ära in der spanischen Politik ein: Erstmals in der jüngeren Geschichte werden vier Parteien mit starken Fraktionen im Parlament vertreten sein – die neue Linkspartei Podemos (Wir können) und die liberalen Ciudadanos (Bürger) ziehen erstmals in den «Congreso» ein. Podemos-Chef Pablo Iglesias feierte die «Geburt eines neuen Spaniens».

Nach dem vorläufigen Endergebnis errang die PP 123 der insgesamt 350 Sitze, 63 weniger als vor vier Jahren. Sie erhielt 28,7 Prozent der Stimmen. Die PSOE gewann demnach 90 Mandate (22,0 Prozent), 20 weniger als 2011. Sie hatte damals ihr schlechtestes Ergebnis in der jüngeren Geschichte erzielt und fiel nun noch dahinter zurück.

Podemos mit dem Politik-Dozenten Iglesias an der Spitze kam demnach auf 69 Sitze (20,7 Prozent). Die liberalen Ciudadanos mit ihrem Parteichef Albert Rivera, die viele Spanier der rechten Mitte zuordnen, errangen 40 Mandate (13,9 Prozent). Damit blieben sie deutlich hinter den Erwartungen zurück. Die Wahlbeteiligung war mit 73,2 Prozent deutlich höher als 2011 (68,9).

Neuwahlen möglich

Rajoy steht nun vor komplizierten Koalitionsverhandlungen. Ein Mitte-Rechts-Bündnis seiner Partei mit den Ciudadanos bliebe unter der absoluten Mehrheit. Eine grosse Koalition von Konservativen und Sozialisten nach deutschem Vorbild hätte im Parlament eine stabile Mehrheit, gilt aber eher als unwahrscheinlich. Rajoy und Sánchez hatten vor der Wahl eine ungewöhnlich harte TV-Debatte geführt und damit die bestehende Kluft zwischen ihren Parteien noch vertieft.

Eine Linksallianz von PSOE und Podemos brächte im Parlament nicht genügend Stimmen zusammen. Im Wahlkampf hatte keine der grossen Parteien Hinweise darauf gegeben, mit wem sie ein Regierungsbündnis eingehen würde.

Wegen der insgesamt verfahrenen Lage könnten die Koalitionsgespräche in Madrid mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Die Verfassung setzt keine Frist, bis wann eine neue Regierung gebildet sein muss. Am Ende könnte es Neuwahlen geben.

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Was die Menschen in Spanien derzeit bewegt, lesen Sie in der Vorwahlberichterstattung: Das Ende des politischen Systems in Spanien hat ein Gesicht

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