Spanien trauert um einen Meister der surrealistischen Literatur: Der Kult-Schriftsteller und Dramatiker Javier Tomeo, einer der meistübersetzten Gegenwartsautoren seines Landes, ist mit 80 Jahren gestorben.
Tomeo sei am Samstag in der Klinik Sagrado Corazón in Barcelona einer Spital-Infektion erlegen, nachdem er vor vier Wochen aufgrund von Ischiasbeschwerden dorthin gebracht worden sei, berichtete die Nachrichtenagentur efe unter Berufung auf den Verlag des Schriftstellers, Alpha Decay.
Zahlreiche der rund 30 Werke Tomeos wurden unter anderem auch ins Deutsche übersetzt, darunter sein Welterfolg «Der Löwenjäger» (1988) und zuletzt «Der Silikonliebhaber» (2010). In seinen fantasiereichen, mit nüchternem, minimalistischen Stil geschrieben Romanen sind meistens Monster und entstellte Figuren die Hauptdarsteller.
Einige der Romane Tomeos wurden auch als Theaterstücke vor allem in Madrid, Barcelona und Paris aufgeführt. 1998 war in Genf das Stück «Unterhaltung in D-Dur zu sehen».
Die surrealistische Atmosphäre seiner Bücher rückte den Autor nach Meinung von Literaturkritikern in die Nähe des Malers Francisco de Goya (1746-1828) sowie des Filmemachers Luis Buñuel (1900-1983). Er wurde oft auch mit dem österreichischen Autor Thomas Bernhard (1931-1989), dem Sieger des Georg-Büchner Preises 1970, verglichen.
Durch den Tod Tomeos verliere die spanische Literatur «einen seiner erlauchtesten Vertreter», erklärte in einer ersten Reaktion die Bildungs- und Kulturministerin der Regionalregierung der Autonomen Gemeinschaft von Aragón, Dolores Serrat. Der Präsident des Schriftstellerverbandes von Aragón, José Luis Corral, würdigte Tomeo als «Bezugspunkt der surrealistischen Literatur».
Ein letztes Buch
Die Fans von Tomeo dürfen sich unterdessen auch nach dem Ableben des Autors auf ein neues, letztes Buch freuen: Er wolle Anfang nächsten Jahres «El Amante Bicolor» (Der zweifarbige Liebhaber) veröffentlichen, sagte der Gründer und Direktor des Verlags Anagrama, Jorge Herralde, zu efe.
Tomeo habe ihn erst vor zwei Wochen vom Spital aus angerufen und ihm gesagt, dass das Buch per Post unterwegs sei. «Seine Begeisterung war trotz der Situation überschäumend», erzählte Herralde.
Der 1932 in Quicena in der Autonomen Gemeinschaft Aragón im Nordosten Spaniens geborene Tomeo erwarb Diplomabschlüsse in Jura und Kriminologie, bevor er in den 1970er Jahren in der Literatur grösser herauskam. Er heiratete nie und hinterlässt auch keine Kinder. Die Beerdigung soll nach Angaben eines Verlagssprechers wahrscheinlich am Dienstag im Friedhof Montjuïc in Barcelona stattfinden.