Der Verfall der Ölpreise hält an. Am Montag sank der Preis für Nordseeöl der Sorte Brent um 2,7 Prozent auf 87,74 Dollar je Barrel (159 Liter) und lag damit so niedrig wie zuletzt im Dezember 2010. US-Leichtöl der Sorte WTI verlor bis zu 2 Prozent auf 84,07 Dollar.
Seit dem Sommer haben die Preise über 20 Prozent eingebüsst. Analysten rechnen mit noch stärkeren Preisabschlägen. Als ein Grund für das Überangebot gilt der Öl- und Gas-Boom in Nordamerika, dem aufgrund der schleppenden Konjunkturentwicklung weltweit eine geringe Nachfrage gegenübersteht.
Förderkürzung der OPEC unwahrscheinlich
Jüngster Auslöser der Talfahrt sind Aussagen von Kuwaits Ölminister Ali al-Omair vom Wochenende, wonach eine Förderkürzung durch das Kartell unwahrscheinlich ist. Die OPEC wird am 27. November über die Lage beraten.
Der Nachrichtenagentur KUNA zufolge zweifelt al-Omair angesichts der steigenden Produktion in Russland und den USA an der Wirksamkeit einer Förderkürzung durch die OPEC. Die Preise könnten aber bei 76 oder 77 Dollar ihren Boden finden, da dies die Kosten für die Ölförderung in den USA und Russland seien, zitierte KUNA den Minister weiter.
Auch eine Senkung der Preise für asiatische und europäische Kunden durch den Irak für November sorgte für Verkäufe am Terminmarkt. Damit folgte der Irak dem Beispiel Saudi-Arabiens.
Der grösste OPEC-Ölproduzent liess zudem über vertrauliche Kanäle die Marktteilnehmer wissen, dass er für ein oder zwei Jahre mit einem Ölpreis unter 90 Dollar oder auch einem Preis von 80 Dollar leben könnte. Saudi-Arabien fördert täglich rund 9,7 Millionen Barrel – fast ein Drittel der OPEC-Produktion von rund 30,47 Millionen Barrel.
Ohne Netz unterwegs
Bislang waren Börsianer davon ausgegangen, dass Saudi-Arabien – wie viele andere Ölförderländer auch – einen Preis von über 100 Dollar je Fass zur Staatsfinanzierung und diese Marke daher verteidigen würde. Nun hoffe man in Riad, mit einem hohem Produktionsniveau bei niedrigeren Preisen seine Marktanteile halten zu können.
Zudem könnte ein niedriger Preis die Investitionen in die Ölförderung unattraktiver machen und damit der Konkurrenz von US-Schieferöl schaden.
Bis vergangene Woche seien sich alle absolut einig gewesen, dass Saudi-Arabien seine Fördermenge kürzen würde, sagte Robert McNally, ein ehemaliger Berater von US-Präsident George W. Bush und derzeit Chef der Energieberatungsfirma Rapidan Group der Nachrichtenagentur Reuters. Das sei nun aber nicht mehr sicher. «Der Markt erkennt plötzlich, dass er ohne Netz operiert.»
Dem Monatsbericht der OPEC zufolge hat Saudi-Arabien im September seine Förderung sogar erhöht – obwohl im September der Brent-Preis unter die 100 Dollar-Marke gerutscht war. Durchschnittlich hat Brent seit 2010 rund 103 Dollar gekostet. Dabei pendelte der Future meist zwischen 100 und 120 Dollar.
Spannendes Treffen
Die OPEC-Sitzung Ende November dürfte laut Analysten so spannend werden wie lange nicht mehr. Vermutlich werde es heftige Kontroversen darüber geben, ob das Kartell noch genügend Marktmacht hat, um den Preisverfall zu bremsen.
Während Länder wie Saudi-Arabien notfalls zur Haushaltsfinanzierung auf Reserven zurückgreifen könnten, sei das für Länder wie Venezuela kaum möglich, erklärten Händler. Das OPEC-Mitglied war vorige Woche denn auch das erste Land, das offen nach einer Sondersitzung zur Kürzung der Produktion aufrief.