Fredy Bickel steht vor seinem ersten massgeblichen Auftritt mit Rapid Wien. Im Cupfinal spielt der Klub des Zürchers gegen den letztjährigen Double-Gewinner Salzburg um mehr als Glanz und Gloria.
Rapid bewegt, Rapid wühlt auf. Der populäre Verein wird täglich mit der Lupe begutachtet. Für keinen anderen Klub in Österreich interessieren sich mehr Anhänger und Kritiker. Der Stammverein der vor zwei Jahrzehnten verstorbenen Ikone Ernst Happel beschäftigte wichtige und klingende Namen der Austria-Szene. Andreas Herzog, die eleganteste Nummer 10 der jüngeren ÖFB-Geschichte, führte einst Regie, Hans Krankl, Mitglied der Rapid-Elf des Jahrhunderts, schoss die nationale Fussball-Institution zu vier Cupsiegen.
«In der Stadt Wien spielen Traditionen generell eine extrem wichtige Rolle. Und Rapid hat eine gewaltige Geschichte. Der Verein ist etwas ganz Grosses.» Fredy Bickel hat die Dimension seines neuen Arbeitgebers seit seinem Einstieg im letzten Dezember schnell erkannt. Der frühere Sportchef der Young Boys und des FC Zürich ist beeindruckt von Rapids «Macht und Kraft im ganzen Land».
Womöglich könne man sich in der Schweiz die Bedeutung des Wiener Sportklubs gar nicht richtig vorstellen, mutmasst Bickel. Das Umfeld ist vielschichtig und produziert Aufregung. Bickel nimmt die Themenvielfalt wahr und registriert die unzähligen Kommentare. «Es gibt viele Legenden, die mitreden. Jeder nutzt die Gelegenheit, sich zu äussern.»
In der aktuellen Kampagne kamen die Schlagzeilenproduzenten nicht zu kurz. Statt um den Titel zu spielen, leistete sich die SK-Prominenz eine Panne nach der anderen. Vor wenigen Tagen erst beförderte die Klubleitung den vormaligen Assistenten Goran Djuricin zum vierten Chef-Trainer innerhalb von knapp zwölf Monaten. Er schaffte es zumindest, die Krise zu stoppen – vier der letzten fünf Partien gewann Rapid unter seiner Leitung.
Nun bietet sich im Wörthersee-Stadion in Klagenfurt am Ende einer mehrheitlich missratenen Saison die Chance, die zweitwichtigste Trophäe des Jahres zu gewinnen. «Wir könnten die gesamte Saison retten», sagt Bickel. «Rapid hat den Cup seit 22 Jahren nicht mehr geholt. Das liegt hier allen brutal auf dem Magen.» Gegen 15’000 Hütteldorfer Sympathisanten wollen gemeinsam mit den Protagonisten vor Ort das Ende der Leidenszeit zelebrieren.
«Ein Sieg wäre unfassbar, wir sind der krasse Aussenseiter. Kein Mensch gibt uns Kredit», meldet Bickel im Telefonat mit der Nachrichtenagentur sda nach einer über vierstündigen Busfahrt in die Endspiel-City. «Salzburg dominiert die Liga noch mehr als der FC Basel die Super League. Deshalb wäre ein Erfolg gegen den Meister fantastisch.»