Das Schweizer Radio und Fernsehen SRF hat bei einem Medienfrühstück Selbstkritik geübt. Es sei schade, dass man im Dokumentarfilm über den Zürcher Jugendanwalt zu stark auf den Einzelfall «Carlos» fokussiert habe.
«Ich bedaure, dass wir – das SRF und der Autor – in der Diskussion bei diesem Einzelfall stehen geblieben sind», sagte Marius Born, Bereichsleiter Dokumentarfilm und Reportagen, bei einem Medienfrühstück der Abteilung Kultur von SRF. Gleichzeitig kündigte er für den 2. Oktober einen neuen Dokumentarfilm unter dem Titel «Von Carlos und anderen jugendlichen Straftätern» an.
Mit dieser neuen Reportage zum Thema, das vor einem Jahr hohe Wellen geworfen hatte, will SRF die Diskussion versachlichen. «Diesmal geht es eher um die Hintergründe und um das Einordnen», sagte Born. Man wolle zeigen, dass es in diesem Bereich viele verschiedene Geschichten gebe – und dass in anderen Ländern etwas unterschiedlich damit umgegangen werde.
Dass sich das SRF nicht bereits früher erneut mit dem viel kritisierten Thema befasst hatte, begründete der Bereichsleiter Dokumentarfilm damit, dass dies nicht so einfach gewesen wäre: «Wo Emotionen hochgehen, ist es schwierig, die Diskussion zu versachlichen», sagte Born.
Der «Fall Carlos» nahm seinen Anfang vor genau einem Jahr. Am 25. August 2013 wurde in der Sendung «Reporter» von SRF der Zürcher Jugendanwalt Hansueli Gürber porträtiert. Dieser präsentierte seinen damals 17-jährigen Schützling «Carlos» und dessen Sondersetting. In der Folge kam es allenthalben zu einem Sturm der Entrüstung.