Während der Sessionen von National- und Ständerat werden auf dem Bundesplatz vorläufig nur kleinere Kundgebungen bewilligt. Auf diese Übergangslösung haben sich die Stadt Bern und die Parlamentsdienste in einem «Memorandum of Understanding» geeinigt.
Der Gemeinderat und die Bundesversammlung legten grossen Wert auf eine einvernehmliche Lösung, welche sowohl die freie Meinungsäusserung wie auch den Sessionsbetrieb garantierte, teilten die Stadt Bern und die Parlamentsdienste am Freitag mit.
Das Berner Stadtparlament hatte im Februar entschieden, das seit 1925 geltende Kundgebungsverbot auf dem Bundesplatz aufzuheben – gegen den Willen der eidgenössischen Räte. Deren Verwaltungsdelegation hatte sich noch Ende 2013 gegen eine Lockerung des Kundgebungsreglementes ausgesprochen.
Nun haben sich Gemeinderat und Parlamentsdienste darauf geeinigt, in einem einjährigen Pilotversuch zu erproben, «wie die Ausarbeitung des neuen Kundgebungsreglementes erfolgen soll».
Im Rahmen des Pilotversuchs sind kleine Kundgebungen mit geringer Anzahl Teilnehmenden, wie zum Beispiel das Verteilen von Flyern, auch während den Sessionen erlaubt und bewilligungsfrei. Nicht zugelassen werden grössere und somit «lärmintensive» Kundgebungen und Veranstaltungen.
Ausnahmen sollen möglich sein für Anlässe von «besonderem öffentlichen Interesse» oder «mit einer langen historischen Tradition», wie es in der Mitteilung heisst.
Motionärin ist unzufrieden
Für GB-Stadträtin Leena Schmitter, welche die Änderung des Kundgebungsreglements mit einer Motion angestossen hat, geht die getroffene Lösung zu wenig weit. Es sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, «aber es ist nicht das, was wir in der Motion gefordert hatten», sagt sie auf Anfrage.
Das Parlament habe klar beschlossen, dass das Demonstrationsverbot während den Sessionen auf dem Bundesplatz aufgehoben, und nicht nur gelockert werden soll. «Ich verstehe nicht, wieso der Gemeinderat den breit abgestützten Wunsch nicht ernst nimmt.»
Der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause weist den Vorwurf zurück. Die Stadt Bern sei auch verpflichtet, dem eidgenössischen Parlament einen ungestörten Ratsbetrieb zu ermöglichen, sagt er.
Während der Stadtrat auf eine «grenzenlose Meinungsäusserungsfreiheit» poche, wehrten sich die eidgenössischen Räte gegen jede Lockerung des Demonstrationsverbotes. «Die beiden Anliegen sind im Grundsatz nicht vereinbar.» Man habe deshalb einen «gut-schweizerischen» Kompromiss geschlossen, zu dem er stehen könne, sagt Nause.