Ein europaweit neuartiges System, mit dem Tramgleise velofreundlich werden könnten, testen zurzeit die Verkehrsbetriebe der Stadt Zürich (VBZ). Nachdem bisherige Versuche erfolglos geblieben waren, setzen die VBZ nun auf eine speziell gebaute Schiene mit Füllung.
Getestet werden zwei verschiedene Füllungen: Eine hellgraue, etwas weichere aus geschäumtem Kunststoff und eine schwarze, härtere aus vulkanisiertem Gummi. Hansruedi Imhof, Leiter Bau und Unterhalt bei den VBZ, präsentierte sie am Dienstag den Medien.
Die Test-Füllungen sind nicht in herkömmliche Schienen eingefügt. Diese bieten mit einer Rillenhöhe von 47 Millimeter einfach zu wenig Platz. Auf dem Markt gebe es nichts Passendes, sagte Imhof. Kurzerhand baute man selber eine Schiene. Sie weist eine Rillentiefe von 67 Millimetern auf und ist auch sonst teilweise anders konstruiert.
Die Füllung wird in der Gleisrille angebracht. Die Trams drücken sie beim Drüberfahren ein, Velos aber vermögen dies nicht. Das Rad verklemmt nicht mehr in der Schiene, ein Sturz kann vermieden werden.
Eine Lösung, wie die aktuell getestete, gibt es laut VBZ-Direktor Guido Schoch noch nirgends in Europa. Man hoffe nun auf den «Durchbruch». Seit 2007 der Gemeinderat zwei Postulate zu velosicheren Tramschienen überwiesen habe, wurden mehrere Tests durchgeführt – keiner war erfolgreich.
Hohe Anforderungen
Die Anforderungen an die Füllungen sind hoch: Zu hart dürfen sie nicht sein, damit die Trams nicht entgleisen, zu weich nicht, damit die Veloräder nicht einsinken. Sie soll die Sicherheit für Velofahrende erhöhen, den Belastungen der bis zu sechs Tonnen schweren Trams widerstehen, Regen und Trockenheit, Hitze und Kälte aushalten und erst noch Streusalz ertragen.
Die Entwässerung der Schienen erfolgt wie bei herkömmlichen via Direktanschluss an die Kanalisation. Auch zum Reinigen können sie wie gewöhnliche Schienen abgesaugt werden.
Laut Imhof ist man zufrieden, wenn die Füllungen «eine Liegedauer von einem Jahr» haben, bevor sie ersetzt werden müssen. Mit dem Ersetzen würde jeweils auch gleich eine gründliche Reinigung vorgenommen.
Keine Flächendeckende Ausrüstung
Der Versuch läuft nun mehrere Monate lang. Aber auch wenn der Test positiv ausfällt: Eine flächendeckende Ausrüstung des Zürcher Tramschienen-Netzes ist nicht realisierbar, wie Projektleiter Sebastian Mench sagte. Über Weichen wäre ein Einbau ohnehin nicht möglich.
Neuralgische Strecken aber könnten dann mit der Gleisfüllung velosicher gemacht werden. Genaueres müsste zusammen mit der Velofachstelle abgeklärt werden
Sollte der Test negative Resultate bringen, hätte die VBZ noch eine dritte Füllung in Reserve. Diese sei für die Standard-Schiene «kreiert worden», sagte Imhof.
Hohe Kosten
Die Versuchs-Füllungen wurden auf einer Strecke von 90 Metern in Zürich Höngg angebracht, wo ohnehin die Gleise erneuert wurden, und wo der Velostreifen über die Haltestelle führt. Für den Versuch wenden die VBZ 415’000 Franken auf – einschliesslich Entwicklungskosten.
Aber auch wenn die Füllungen sich bewähren sollten und serienmässig hergestellt werden könnten, ist das Ganze teuer. Imhof sprach von einer Verdoppelung des Schienen-Laufmeter-Preises von heute rund 3500 Franken. Schon aus Kostengründen sei eine flächendeckende Ausrüstung kein Thema.