In Bern sollen Apotheken versuchsweise Cannabis an eine Gruppe von bis zu 1000 Kiffern verkaufen. Die Stadtregierung hat die Uni Bern mit der Erarbeitung eines entsprechenden Forschungsprojekts beauftragt.
Die Stadt gibt dabei mehrere Eckpunkte vor, wie Gemeinderätin Franziska Teuscher am Montag vor den Medien erläuterte: Die Studienteilnehmer müssen mindestens 18 Jahre alt sein, in der Stadt Bern wohnen und bereits Cannabis konsumieren.
Durch den Verkauf in Apotheken wolle man eine bestehende professionelle Infrastruktur nutzen, sagte Teuscher. «Zudem geniessen Apotheken das Vertrauen der Bevölkerung, haben das nötige Fachwissen im Umgang mit Betäubungsmitteln und verfügen über Kontroll- und Sicherheitsdispositive.»
Das wissenschaftliche Forschungsprojekt soll innert drei bis vier Monaten erstellt werden, wie Matthias Egger, Direktor der Instituts für Sozial- und Präventivmedizin der Uni Bern, sagte. Die exakte Zahl der Studienteilnehmer sei noch offen. Womöglich würden auch nur einige hundert mitmachen.
Noch unklar sei auch der Verkaufspreis. Bezogen würde das Cannabis entweder von Schweizer Produzenten, die den Stoff für wissenschaftliche Zwecke herstellen, oder aus dem Ausland.
Kein «Kiffer-Stübli»
Konsumiert werden soll der Stoff im privaten Raum, wie Teuscher betonte. Das Kantonsparlament hatte 2014 die Schaffung von «Kiffer-Stüblis» ausdrücklich abgelehnt, hat aber letztlich nichts dazu zu sagen.
Wieviele Cannabis-Konsumenten am Berner Projekt interessiert wären, ist offen. Eine gewisse Anonymität sei durch das Apotheken-Modell gewährleistet, sagte Studienleiter Egger. Allerdings müssen die Teilnehmer Personaldaten von sich preisgeben und in Befragungen einwilligen.
Städte arbeiten zusammen
Mehrere Städte – darunter auch Zürich, Genf und Basel – haben Interesse signalisiert, ein Pilotprojekt für den regulierten Zugang zu Cannabis durchzuführen. In der Stadt Bern hat sich das Parlament im März 2015 für einen entsprechenden Versuch ausgesprochen.
Das letzte Wort hat allerdings der Bund, der eine Ausnahmebewilligung erteilen müsste. Denn das Betäubungsmittelgesetz verbietet grundsätzlich den Cannabis-Konsum in der Schweiz. Ein Rechtsgutachten, das die Stadt Bern in Auftrag gab, hält ein wissenschaftlich begleitetes Pilotprojekt für bewilligungsfähig.
Das Berner Gesuch beim Bundesamt für Gesundheit werde in der zweiten Jahreshälfte 2016 in Koordination mit den Projektarbeiten in Basel, Genf und Zürich eingereicht werden, kündigte Teuscher an. Die Städte arbeiteten in dieser Frage eng zusammen.
Genf möchte es mit sogenannten Cannabis Social Clubs probieren, wie Teuscher in Erinnerung rief. Was Basel und Zürich planten, sei noch nicht bekannt.
«Scheinheiliger Zustand»
Trotz Verbot und Repression gibt es in der Schweiz 200’000 bis 300’000 Menschen, die regelmässig Cannabis konsumieren. Allein in der Stadt Bern seien es rund 4000 Personen, sagte Teuscher.
«Schweizweit konsumieren zweimal so viele Menschen Cannabis wie in der Stadt Bern leben», sagte Teuscher – «und alle schauen weg. Das kann einfach nicht sein. Ich will diesem scheinheiligen Zustand etwas entgegenhalten.» Es brauche bessere Lösungen, damit man zu einer glaubwürdigen Suchtpolitik zurückfinde.