Die Stadt Basel bereitet sich wie jedes Jahr auf ihre Art vor – mit gefühlt hunderten Baustellen. Eine Glosse.
Die Stadt Basel hat viel aufregende Kunst. Dass es auch aufregende Künstler hat, beweisen die Vorbereitungen auf die Art Basel. Worüber darf man sich aufregen? Eine der kontroversesten Kunstaktionen ist in diesem Jahr ohne Zweifel «Baulager goes to town». Sie wird als grösste Drive-In-Galerie von den Strassenbauern direkt vor unserer Tür vorbereitet. Die Baulager entlang der Basler Strassen ersparen das lästige Aussteigen und in Messehallenherumdrängeln. Sie locken zum Verweilen.
Im Vorbeifahren Kunst betrachten, heisst die Losung für diese Street-Art. Eindrücklich wirkt dieser Fluxus bereits seit Monaten auf Radfahrer und Fussgänger. Verengte Fahrstreifen und wackelige Fussumwege erinnern Stadtbewohner schon seit Wochen performativ daran, wie gefährdet der öffentliche Raum in der Stadt ist: Strassen und Trottoirs können einem in Basel bald überall gestohlen bleiben.
Tonangebende Baumaschinen
Für internationale Gäste sind entlang der Verkehrsadern gleich reihenweise urbane Gesamtkunstwerke zu sehen, die Zufälliges neben Gewolltem in den performativen Raum stellen. Da verblüffen herumstehende Baumaschinen als improvisierte Telefonzellen ebenso wie die monatelang klaffenden Gräben sichtbar machen sollen, wie verletzlich unsere dünnen Stadtnerven geworden sind. Unzählige reglos herumstehende Bagger machen Kunstbetrachter darauf aufmerksam, dass Baumaschinen den Ton auch angeben können, ohne Lärm zu machen. Sie sind denn auch die Renner der diesjährigen «Urban Silent Art».
Das Künstlerkollektiv Rapp/Implenia/Walo hat ein paar wenige Aktionskünstler über die Stadt verteilt, die, als Arbeiter verkleidet, virtuelle Stadtrenovationen simulieren. Hierfür haben Rapp/Implenia/Walo ihre Ateliers geräumt und mit Baumaschinen Baustellen in Staustellen und Schaustellen verwandelt. Die Zürcher, die mit ihrem provokativen Nachthafenkran erst 2014 nachhaken können, beneiden uns bereits jetzt um unsere urbane «Basel Transit Maritim».
Die Installation «Streetworker», die stadtweit in Performances das Spannungsfeld von Kapital und Arbeit drastisch bebildert, stellt aber auch unbequeme Fragen: «Lässt sich heutzutage an Arbeitern kein Geld mehr verdienen?» Die Kunstaktion hierzu ist einleuchtend am Luzernerring zu finden: Hier wurde auf mehreren Kilometern ein provisorischer Park aufgebaut – ein Maschinenpark. Passanten sind nun aufgefordert, sich an der Aktionskunst des Tiefbaus zu beteiligen: Sei es, indem sie sich mit Schutzhelm bedeckt an die Strasse stellen oder sich als Anwohner vor der Haustür in der Kunst des Raschvorbeigehens üben.
Besinnliche Ziellosigkeit
Für Drive-In-Gäste ist auf den Fahrbahnen reichlich Platz zum Herumstehen. Wer einen orangen Helm trägt und eine Atmosphäre von besinnlicher Ziellosigkeit verbreitet, gehört wahrscheinlich zum Künstlerkollektiv, das nach eigenen Angaben am Wasgenring versucht, eine zweispurige Strasse so lange zu performieren, bis wieder eine zweispurige Strasse entstanden ist. Man darf also gespannt sein. Wer in einem der Baulager allerdings einen Aktionskünstler persönlich treffen will, muss schon viel Glück haben.
Absperrungen helfen dabei, den Publikumsverkehr zu entschleunigen. Hierdurch werden die Baulager nicht nur zu Orten der Stille, sondern auch zu gesuchten «Drive-In-Galerien». Rapp/Implenia/Walo wagen es aber auch, mit ironischen Kommentaren zu punkten: Schwarzarbeiter auf Grossstaustellen in Basel-Stadt werden thematisiert, indem in diversen Baulagern Arbeiter überhaupt nicht zu sehen sind.