Der Ständerat legt die Durchsetzungsinitiative auf Eis. Er will zuerst die Ausschaffungsinitiative im Gesetz umsetzen, bevor er einen endgültigen Entscheid fällt und die Durchsetzungsinitiative dem Volk vorlegt. Er beschloss, die Schlussabstimmung zu verschieben.
Mit diesem Vorgehen hätten die Initianten die Möglichkeit, die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative zur Kenntnis zu nehmen und die Durchsetzungsinitiative allenfalls zurückzuziehen, sagte Verena Diener (GLP/ZH), Präsidentin der Staatspolitischen Kommission des Ständerats, am Mittwoch.
Nach Ansicht der SVP geht die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative aber nicht rasch genug voran und vor allem nicht in die richtige Richtung. Deshalb hatte sie schon 2012 die Durchsetzungsinitiative eingereicht. Diese empfiehlt der Ständerat mit 36 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung zur Ablehnung.
Auftrag erfüllt
Die Mehrheit ist der Auffassung, dass der Auftrag der Ausschaffungsinitiative erfüllt wird. Die entsprechende Vorlage hatte der Ständerat am Mittwochmorgen verabschiedet. «Die Durchsetzungsinitiative braucht es nicht», sagte auch Justizministerin Simonetta Sommaruga.
Ausserdem erklärte der Ständerat jenen Teil der Initiative für ungültig, die den Umfang des zwingenden Völkerrechts umschreibt. Die Mehrheit war wie der Nationalrat der Auffassung, dass der Schweizer Gesetzgeber nicht die Kompetenz habe, den Inhalt des zwingenden Völkerrechts zu definieren. Die teilweise Ungültigerklärung war nicht umstritten.
Ungültigkeitserklärung sorgt für Diskussionen
Eine längere Diskussion löste hingegen die von einer Kommissionsminderheit beantragte Ungültigerklärung der ganzen Initiative aus. Die Durchsetzungsinitiative lasse sich nicht verhältnismässig umsetzen, sagte etwa Robert Cramer (Grüne/GE). Die Verhältnismässigkeit sei jedoch ein Grundpfeiler des Rechtsstaates, an dem weder gerüttelt werden dürfe noch könne. Ein nicht umsetzbarer Verfassungstext dürfe dem Volk nicht zur Abstimmung vorgelegt werden.
Nach Ansicht von Diener handelt es sich um eine direkt anwendbare Gesetzesinitiative, die in der Verfassung nicht vorgesehen ist. Zudem greife die Durchsetzungsinitiative in die demokratischen Abläufe ein, indem sie dem Gesetzgeber bei der Umsetzung keinen Spielraum lasse.
Der Gesetzgeber werde im Gesetzgebungsprozess ausgeschaltet, sagte auch Hans Stöckli (SP/BE). Christine Egerszegi (FDP/AG) ortete einen «Missbrauch der Volksrechte zu Wahlzwecken». Diese Abwertung des Initiativrechts rechtfertige eine Ungültigerklärung.
Kein Ungültigkeitsgrund
Urs Schwaller (CVP/FR) erinnerte jedoch daran, dass es einen rechtlichen Entscheid zu fällen gelte. Die Verfassung nenne die Ungültigkeitsgründe abschliessend: Einheit der Form, Einheit der Materie und Verletzung von zwingendem Völkerrecht. Um andere Kriterien einzuführen, müsse die Verfassung geändert werden.
Peter Föhn (SVP/SZ) warnte vor einem «Volksaufstand». Die Ungültigerklärung der Initiative würde die direkte Demokratie «massiv unterwandern». Der Ständerat lehnte den Antrag der Minderheit denn auch mit 27 zu 16 Stimmen ab.
Schon leichtere Delikte würden zur Ausschaffung führen
Mit der Durchsetzungsinitiative will die SVP ihre Interpretation der vom Volk angenommen Ausschaffungsinitiative direkt in der Verfassung umsetzen. Die Initiative listet im Detail auf, bei welchen Delikten ein Ausländer oder eine Ausländerin die Schweiz verlassen muss.
Sie geht weiter als die Ausschaffungsinitiative, da Wiederholungstäter auch bei leichteren Delikten ausgeschafft würden. Richter müssten den Landesverweis neben der Strafe automatisch aussprechen, sofern nicht zwingendes Völkerrecht verletzt wird.