Der Ständerat hat am Mittwoch einen Schritt gemacht, um das rasche Kostenwachstum bei den Ergänzungsleistungen (EL) zu bremsen. Bei der Reform geht es aber nicht ausschliesslich ums Sparen. Für die Wohnung sollen bedürftige Rentnerinnen und Rentner mehr Geld erhalten.
Der Handlungsbedarf ist unbestritten: Die EL-Ausgaben haben sich zwischen 1998 und 2012 auf 4,4 Milliarden Franken mehr als verdoppelt. Längst bekannt ist auch, dass die anrechenbaren Mieten nur noch wenig mit der Realität auf dem Wohnungsmarkt zu tun haben. Heute können Alleinstehende monatlich maximal 1100 Franken als Ausgabe angeben, Ehepaare 1250 Franken. Ein grosser Teil der betroffenen Haushalte muss sich die Miete also vom Mund absparen.
Der Bundesrat schlug daher höhere Mietzinsmaxima vor, zu geschätzten Mehrkosten von 200 Millionen Franken pro Jahr. Dabei soll für ein Logis in einer grossen Stadt ein höherer Betrag angerechnet werden können als für eine Wohnung in der Agglomeration oder auf dem Land.
Weit kommt man damit aber immer noch nicht: Linke, aber auch bürgerliche Ratsmitglieder kritisierten die neuen Höchstbeträge als völlig ungenügend. Paul Rechsteiner (SP/SG) sprach von «geradezu schäbigen» Beträgen. Fest steht, dass damit immer noch nicht alle Haushalte die Miete decken können.
Kassenwechsel erwünscht
Anders als bei den Mieten soll bei den Krankenkassenprämien gespart werden. Der Bundesrat wollte einen Pauschalbetrag in der Höhe der kantonalen oder regionalen Durchschnittsprämie festlegen. Ist die tatsächlich gezahlte Prämie günstiger, soll der Kanton den Beitrag kürzen können.
Auf Antrag seiner Kommission beschloss der Ständerat jedoch mit 24 zu 20 Stimmen, den drittgünstigsten Versicherer im Kanton als Massstab zu nehmen. Das soll EL-Bezüger dazu bringen, zu einer günstigeren Kasse zu wechseln. Eine Minderheit warnte vergeblich davor, dass die günstigen Versicherer durch die Aufnahme von EL-Bezügern gezwungen werden könnten, die Prämien zu erhöhen.
Nach Berechnungen der Verwaltung lassen sich dadurch 170 Millionen Franken einsparen, 123 Millionen mehr als in der Version des Bundesrats. Hinzu kommen Einsparungen aufgrund einer Neuberechnung der EL-Mindesthöhe.
In den meisten Kantonen entspricht das Minimum heute dem Betrag einer Krankenkassen-Durchschnittsprämie. Tiefere Beträge werden aufgestockt, auch wenn das nicht dem tatsächlichen Bedarf entspricht. Weil künftig auch dabei auf die drittgünstigste Prämie im Kanton abgestellt werden soll, können weitere 123 Millionen Franken gespart werden.
Tiefere Vermögens-Freibeträge
Um 20 Millionen Franken wird die EL entlastet, weil ein grösserer Teil eines allfälligen Erwerbseinkommens berücksichtigt wird. Der Bundesrat wollte künftig das ganze Einkommen berücksichtigen, was Einsparungen von 50 Millionen Franken gebracht hätte. Der Antrag scheiterte aber klar.
64 Millionen Franken lassen sich durch tiefere Freibeträge auf dem Gesamtvermögen einsparen. Heute sind Alleinstehende ab 37’500 Franken von der EL ausgeschlossen. Künftig soll die Grenze bei 30’000 Franken liegen. Für Ehepaare soll der Freibetrag von 60’000 Franken auf 50’000 Franken sinken. Die tageweise Berücksichtigung der Heimtaxe für Personen, die im Heim leben, schlägt mit 54 Millionen Franken zu Buche.
Einsparungen von 112 Millionen Franken sollen mit Einschränkungen beim Kapitalbezug realisiert werden. Heute darf mindestens ein Viertel des obligatorischen Teils der beruflichen Vorsorge als Kapital bezogen werden, manche Kassen zahlen auch den ganzen Betrag aus.
Damit können nicht alle umgehen: Nach Angaben des Bundesrats bezogen im Jahr 2014 insgesamt 3400 Personen neu Ergänzungsleistungen, die zuvor ihre Pension als Kapital erhalten hatten. Der Ständerat beschloss daher, dass Pensionskassengelder künftig nur noch als Rente bezogen werden dürfen.
Werner Luginbühl (BDP/BE) wehrte sich gegen die seiner Meinung nach «unverhältnismässige Einschränkung». Es gebe keinen offensichtlichen und belegbaren Zusammenhang zwischen dem Kapitalbezug und dem Anspruch auf Ergänzungsleistungen. Sein Antrag, beim geltenden Recht zu bleiben, scheiterte aber mit 27 zu 14 Stimmen.
Kantone sparen
Der Bundesrat wollte auch den Vorbezug für die Finanzierung der Selbständigkeit verbieten. Das lehnte der Ständerat ab. Er will den Bezug aber auf jenen Betrag begrenzen, auf den die Versicherten im 50. Altersjahr Anspruch gehabt hätten. Der Vorbezug für den Hauskauf soll nicht eingeschränkt werden.
Unter dem Strich würde der Bund gemäss den Beschlüssen des Ständerats rund 50 Millionen Franken mehr ausgeben als heute. Die Kantone hingegen sparen rund 400 Millionen Franken. Die Finanzkommission des Nationalrats will daher bei den Prämienverbilligungen auf Kosten der Kantone sparen.
Der Ständerat stimmte der Vorlage in der Gesamtabstimmung ohne Gegenstimme, aber mit 12 Enthaltungen zu. Diese geht nun an den Nationalrat.