Der Ständerat spielt dem Nationalrat nach dessen Budgetsalto von vergangener Woche erneut den Ball zu. Die kleine Kammer hat den Voranschlag 2017 mit integriertem Finanzplan 2018-2020 ohne grosse Diskussionen gutgeheissen – trotz offener Fragen bei der Schuldenbremse.
Nach der letztlich nichtig gewordenen siebenstündigen Nationalratsdebatte hielt sich der Ständerat am Montagnachmittag vergleichsweise kurz. Nach dreieinhalb Stunden nahm er das Bundesbudget deutlich mit 39 zu 4 Stimmen an.
Nun ist wieder der Nationalrat am Zug. Dessen Finanzkommission berät die Vorlage bis Dienstagnachmittag erneut vor und stellt dem Ratsplenum Antrag. Darüber befindet die grosse Kammer am Mittwochmorgen. Eher unwahrscheinlich ist, dass der Rat den Budgetentwurf zum zweiten Mal verwirft. Tut er es doch, muss der Bundesrat ein provisorisches Budget ausarbeiten.
Freud und Leid bei Bauern
Dieses Risiko wird zumindest die SVP, welche vergangene Woche mit der SP und den Grünen eine «unheilige» Nein-Allianz eingegangen ist, wohl nicht in Kauf nehmen. Der Ständerat ist ihr bei einem wichtigen Anliegen bereits entgegengekommen: Die Direktzahlungen in der Landwirtschaft hob er im Vergleich mit dem Bundesrat um 62 Millionen Franken an – mit 21 zu 20 Stimmen.
Weniger zufrieden sein dürfte eine Mehrheit im Nationalrat mit dem Entscheid des Ständerats, die Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte nach dem sogenannten «Schoggigesetz» nicht um 27 Millionen Franken aufzustocken.
Mit 25 zu 17 Stimmen bei einer Enthaltung wurde ein von SVP und anderen bauernfreundlichen Ständeräten eingebrachter Antrag abgelehnt. «Wir müssen das Rohstoffhandicap der Schweizer Bauern ausgleichen, auch wenn die WTO das nicht taxieren will», forderte Hannes Germann (SVP/SH). Rechtlich sei bis Ende 2018 noch keine Verpflichtung da, dieser Handlungsspielraum müsse deshalb ausgenützt werden.
Taktischer Entscheid
«Wir schaffen uns bei der WTO einige Probleme», entgegnete Finanzminister Ueli Maurer. Wenn der Betrag erhöht werde, könne das ein künftiger Referenzwert der Verarbeiter gegenüber den Bauern sein. Dieser sei aber zu hoch.
Die Mehrheit lehnte die Aufstockung beim «Schoggigesetz» auch aus verhandlungstechnischen Gründen ab. «Es ist dies die einzige Verhandlungsmasse gegenüber dem Nationalrat», sagte Christian Levrat (SP/FR). In der Differenzbereinigung müsse der Ständerat wenigstens einen Trumpf in den Händen halten.
Bildung stärker stärken
Für die Universitäten, ETH, Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen will der Ständerat 74 Millionen Franken mehr ausgeben als der Bundesrat. Mit maximal 8 Gegenstimmen nahm die kleine Kammer entsprechende Anträge ihrer Finanzkommission an, die sich auch mit den wirkungslosen Beschlüssen des Nationalrats decken.
Die Entscheide zu den Ausgaben für Landwirtschaft, Bildung und Integration stimmen mehrheitlich mit den Beschlüssen überein, die der Ständerat in der Herbstsession im Rahmen des Stabilisierungsprogramms 2017-2019 gefällt hat.
Zusätzlich will die kleine Kammer die Gelder für Massnahmen zur Integration von Ausländerinnen und Ausländer um 500’000 Franken erhöhen. Mit 35 zu 7 Stimmen wurde dem Willen der Kommission entsprochen. Eine Mehrheit will so verhindern, dass Kosten auf die Kantone überwälzt werden. Das hatte der Ständerat ebenfalls bereits im Rahmen des Stabilisierungsprogramms beschlossen.
Erfolg hatte ferner ein Antrag von Filippo Lombardo (CVP/TI), der um 300’000 Franken weniger hohe Kürzungen bei den Auslandschweizerbeziehungen fordert. Es geht dabei um Mittel für die «Schweizer Revue». Mit 20 zu 18 Stimmen bei einer Enthaltung wurde dieser Posten im Vergleich zum Bundesrat aufgestockt.
Fragezeichen SIFEM-Kredit
Eine weitere Änderung gegenüber dem Bundesratsentwurf betrifft die SIFEM, die Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft des Bundes. Im Voranschlag des Bundesrates ist eine Umwandlung der Darlehen an die SIFEM in Eigenkapital vorgesehen.
Der Ständerat verlangt dazu erst nähere Informationen. Folgt ihm der Nationalrat, wird dieser Punkt aus dem Voranschlag gestrichen. Damit würde das sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben um 374 Millionen Franken verringern.
Der Ständerat will bei Einnahmen von 68,418 Milliarden Franken Ausgaben von 68,774 Milliarden Franken budgetieren. Damit würde ein Defizit von 355 Millionen Franken resultieren, womit das mit dem Konjunkturfaktor berechnete strukturelle Defizit nicht schuldenbremsenkonform wäre – der Saldo liegt um gut 13 Millionen Franken im Minus.
Abwarten und Tee trinken
Trotzdem gab das Nichteinhalten der Schuldenbremse in der kleinen Kammer zu weniger Diskussionen Anlass als zu erwarten war. Die Ständeräte sind sich des Problems zwar bewusst – sie spielen den Ball aber dem Nationalrat zu. Ein von SVP und FDP vorgebrachter Antrag einer Kreditsperre auf 413 Millionen Franken hatte wie in der Kommission keine Chance, er wurde mit 29 zu 13 Stimmen abgelehnt.
«Wir warten zuerst einmal die Endbeschlüsse des Nationalrats ab und schauen dann im Rahmen der Differenzbereinigung», sagte Kommissionssprecherin Anita Fetz (SP/BS), die sich einen Seitenhieb nicht verkneifen konnte. «Der Budgetsalto der grossen Kammer zeigt wieder einmal die Effizienz unserer Kollegen.»
Bundesrat Maurer bezeichnete den vom Ständerat verabschiedeten Budgetentwurf als «passable Vorlage für den Nationalrat». Er zeigte sich zuversichtlich, dass eine Lösung gefunden werde, die den Bestimmungen der Schuldenbremse entspreche.