Jeder Schweizer Haushalt und jedes Schweizer Unternehmen soll künftig Radio- und TV-Gebühren zahlen – unabhängig davon, ob ein Radioapparat oder ein Fernseher vorhanden ist. Befristete Ausnahmen, wie sie der Nationalrat wollte, hat der Ständerat abgelehnt.
Jeder Schweizer Haushalt und jedes Schweizer Unternehmen soll künftig Radio- und TV-Gebühren zahlen – unabhängig davon, ob ein Radioapparat oder ein Fernseher vorhanden ist. Befristete Ausnahmen, wie sie der Nationalrat wollte, hat der Ständerat abgelehnt.
Der Nationalrat möchte ein befristetes Opting-out ermöglichen: Haushalte, die keinen Radio- und Fernsehempfang haben, sollen während fünf Jahren nach der Einführung des neuen Gebührensystems von der Abgabe befreit werden können. Für den Ständerat kommt dies nicht in Frage.
Oppositionslos folgte er seiner vorberatenden Kommission, die sich klar gegen eine Ausnahmeregelung ausgesprochen hatte. Nach Ansicht des Ständerats blieben bei einer Gebührenpflicht mit Ausnahmen die Nachteile des heutigen Systems erhalten, während der Verwaltungs- und Kontrollaufwand sogar noch steigen würde.
Gesetz dem Zeitgeist anpassen
Der Bundesrat will mit dem neuen Gebührensystem der Tatsache Rechnung tragen, dass Radio- und TV-Sendungen heute über das Internet auf Computern, Tablets oder Smartphones konsumiert werden können.
Ein neues Abgabesystem sei notwendig, sagte Bundesrätin Doris Leuthard. Sie kritisierte die Aufregung einiger Politiker im Rat, die sich über die Gebühren echauffierten: «Sie alle haben einen vom Bund finanzierten Laptop, Sie alle haben ein Smartphone, also ein Empfangsgerät.» Eine Befreiung der Gebührenpflicht sei deshalb nicht mehr zu rechtfertigen.
Diesem Grundsatz folgte nach dem Nationalrat nun auch der Ständerat. In der Gesamtabstimmung wurde einer entsprechenden Änderung des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) mit 25 zu 11 Stimmen bei 5 Enthaltungen zugestimmt. Der zu Beginn der Debatte gestellte Rückweisungsantrag von Hans Altherr (FDP/AR) blieb erfolglos.
Tiefere Billag-Gebühren möglich
Schwarzsehen ist künftig nicht mehr möglich, Kontrollen der Kontrollstelle Billag erübrigen sich. Da die Zahl der Abgabezahler auf mehr Haushalte und Unternehmen verteilt werde, könnte die Empfangsgebühr von heute 462 Franken pro Haushalt und Jahr auf rund 400 Franken gesenkt werden, hatte der Bundesrat vorgerechnet.
Bei den einzelnen Bestimmungen folgte die kleine Kammer mehrheitlich dem Entwurf des Erstrats. Im Laufe der vierstündigen Debatte brachte der Ständerat jedoch einige Änderungen an, weshalb das Geschäft zur Differenzbereinigung wieder an den Nationalrat geht.
Mehr Geld für Regionalprogramme
So strich die kleine Kammer die vom Nationalrat eingefügte fixe Aufteilung der Abgabenanteile (36 Prozent Radio und 64 Prozent Fernsehen) wieder aus dem Gesetz. Sie ist der Meinung, dass sich eine fixe Festschreibung dieser Aufteilung auf Gesetzesstufe in der dynamischen Medienlandschaft als hinderlich erweisen würde.
Zudem fordert der Ständerat eine grössere Spanne des Abgabenanteils für private Veranstalter. Er folgte mit 28 zu 14 Stimmen einer Kommissionsminderheit und legte den Anteil bei 4 bis 6 Prozent des Gesamtertrages der Radio- und Fernsehabgabe fest. Der Nationalrat hatte die Abgabenspanne bei 4 bis 5 Prozent festgelegt.
«Dies ist ein kleiner Schritt zur Förderung des privaten Angebots im Bereich des Service public», sagte Ständerat Filippo Lombardi (CVP/TI), der selbst ein Tessiner Privatradio und ein Privatfernsehen präsidiert. Laut Bundesrätin Leuthard würden regionale Programmanbieter mit dieser Lösung bis zu 81 Millionen Franken im Jahr erhalten. Heute sind es maximal 54 Millionen Franken.
Unternehmen müssen auch zahlen
Zu reden gab zudem die Gebührenabgabe für Unternehmen. Wie der Nationalrat lehnte es der Ständerat schliesslich deutlich ab, Unternehmen künftig von der Gebührenpflicht zu befreien. Damit werden künftig Unternehmen ab einem Jahresumsatz von 500’000 Franken eine geräteunabhängige Abgabe zahlen müssen.
Rund 70 Prozent der Firmen wären somit von der Abgabe befreit. Heute bezahlen Firmen, die ein Empfangsgerät haben. Gewerbenahe Ständeräte wie Hans Hess (FDP/OW) oder Peter Föhn (SVP/SZ) versuchten vergeblich, die aus ihren Augen «unlogische und ungerechte Doppelbesteuerung» aus dem Gesetz zu streichen.
«Wir Gewerbler haben ein Problem mit der Fülle der zusätzlichen Abgaben und Auflagen», sagte Föhn. Der Schweizerische Gewerbeverband (sgv) erwäge bereits ein Referendum gegen die Gebührenpflicht für Unternehmen. Die Mehrheit im Rat vertrat aber die Ansicht, dass auch Unternehmen von Service public profitieren und es daher gerechtfertigt ist, wenn diese einen Beitrag an die Kosten leisten.
Bericht zum Service public
Weiter hat sich der Ständerat für eine zusätzliche Bestimmung ausgesprochen, wonach Konzessionen ohne öffentliche Ausschreibung verlängert werden könnten. Dabei würde die bisherige Erfüllung des Leistungsauftrages berücksichtigt.
Die Überschüsse aus dem Gebührensplitting sollen ausserdem für die Aus- und Weiterbildung von Angestellten sowie zur Förderung neuer Verbreitungstechnologien und digitaler Fernsehproduktionsverfahren verwendet werden.
Im Zusammenhang mit dem Gesetz hat der Ständerat ausserdem ein Postulat an den Bundesrat überwiesen. Dieser muss die Service-public-Leistungen der SRG überprüfen und in einem Bericht darstellen. Er soll dabei die Stellung und Funktion privater Rundfunkanbieter berücksichtigen.