Mit den Playoff-Halbfinals Bern – Lugano und Zug – Davos beginnt in der Eishockeymeisterschaft die nächste Phase: Die verbliebenen vier Teams träumen alle vom Titelgewinn.
Erster Meistertitelanwärter bleibt der Schlittschuhclub Bern. Seit dem Frühling 2012, als die ZSC Lions mit einem Auswärtstor durch Steve McCarthy 2,5 Sekunden vor Schluss den Bernern in deren Stadion den Titelgewinn vermiesten, gewann der grosse SCB acht von neun Playoff-Serien. Vor einem Jahr gewannen die Berner die Finalserie gegen Lugano mit 4:1 Siegen.
Aber das Schlussresultat widerspiegelt schlecht, wie ausgeglichen die Serie damals verlief. Lugano gewann das erste Spiel. Bern konterte mit vier Siegen in Folge mit jeweils einem Goal Unterschied. Zweimal fiel die Entscheidung erst in der Overtime. Mehr als einmal bekundete Bern Glück mit wegweisenden Schiedsrichterentscheiden.
Welches Spektakel wird diesmal geboten? Denn Spektakel ist garantiert, wenn Bern und Lugano in den Playoffs aufeinander treffen. Der SCB spielte in den Viertelfinals gegen Biel noch nicht grossartig. Aber das zeichnet ja grosse Mannschaften aus: nicht gut spielen und dennoch gewinnen. Auf der Torhüterposition (Leonardo Genoni gegen Elvis Merzlikins) scheint Bern im Vorteil, obwohl Merzlikins gegen die ZSC Lions eine überragende Viertelfinalserie spielte. Berns Ausländer scheinen besser in Form als Luganos Linus Klasen, Maxim Lapierre, Patrik Zackrisson, Ryan Wilson oder Tony Martensson. Andrew Ebbett und Marc Arcobello führen gemeinsam mit Zugs David McIntyre die Playoff-Skorerliste an. Bern kann mit vier ausgeglichenen Sturmreihen anrennen; bei Lugano hängt viel von der Paradeformation ab.
Aber es gibt alternative Fakten: Vor einem Jahr ging Lugano im Meisterrennen im Final der Sprit aus, weil Trainer Doug Shedden seine besten Spieler über Gebühr forciert hatte. In den Halbfinals darf erwartet werden, dass Luganos Benzintanks nach vier Tagen Pause wieder voll sind. Ausserdem gelang seit den ZSC Lions 2001 keinem Team mehr die erfolgreiche Titelverteidigung. Die Berner als amtierender Meister sind weniger hungrig als die Luganesi, die Finalverlierer der letzten Saison.
Mit solchen positiven Gedanken baut auch Luganos Coach Greg Ireland sein Team auf. Seit Ireland im Januar Shedden ablöste, gewann der HC Lugano 11 von 16 Spielen. Ireland setzt – und das ist neu in Lugano – aufs Kollektiv. Plötzlich spielen auch Massimo Ronchetti und Matteo Romanenghi Powerplay und nicht immer nur Klasen und die Ausländer. «Wir gewinnen und verlieren gemeinsam» – so lautet Irelands neue Maxime, die gegen die ZSC Lions am Ende prächtig aufging.
Zug und Davos: Aussenseiter im Meisterrennen
In der zweiten Halbfinalserie stehen sich bei Zug gegen Davos die Aussenseiter auf den Titel gegenüber. Der EV Zug feierte 1998 seinen bislang einzigen Titelgewinn, primär weil bei Davos damals der Goalie (Nando Wieser) sportlich kollabierte. Seither träumte Zug Jahr um Jahr von Erfolg und fand ihn nicht. Vor einer Woche qualifizierten sich die Zuger mit 4:0 Siegen gegen Servette erstmals seit 2013 wieder für die Halbfinals. 2014 spielte der EVZ gegen den Abstieg; 2015 und 2016 scheiterte er als Vierter der Qualifikation bereits in den Viertelfinals (gegen Davos und Lugano).
Zugs Ausgangslage präsentiert sich viel versprechend: Mit Tobias Stephan verfügen sie über einen Goalie, der durchaus eine Meisterschaft entscheiden kann. Alle Spieler sind nach der spielfreien Woche wieder fit. Auch Josh Holden, der sich gegen Genf bei einem nicht geahndeten Stockschlag verletzt hatte und zwei Partien aussetzen musste, trainierte zuletzt wieder mit der Mannschaft.
Beim HC Davos hofft Trainer Arno Del Curto auf ein ähnliches Goalie-Wunder wie 2005 und 2009. Vor zwölf Jahren hexte Jonas Hiller, der in der Saison zuvor bei Lausanne in der NLB noch nicht einmal die Nummer 1 gewesen war, den HCD zum Meistertitel. Vier Jahre später gelang Del Curto das gleiche Kunststück mit den unerfahrenen Jung-Goalies Leonardo Genoni und Reto Berra. Vor der aktuellen Saison galten die Davoser mit den unerfahrenen Nachwuchs-Keepern Gilles Senn (21) und Joren van Pottelberghe (19) als Kandidat für den Abstiegskampf. Aber wieder ging Del Curtos Rechnung auf: Senn entwickelte sich zur Nummer 1, er debütierte im Februar sogar in der Nationalmannschaft und glänzte auch in der ersten Playoff-Runde gegen Lausanne mit einer Fangquote von fast 92 Prozent (91,74).