Stilllegung von AKWs wird für Betreiber teurer

Die AKW-Betreiber müssen nach dem Willen des Bundesrates künftig mehr in den Stilllegungs- und den Entsorgungsfonds einzahlen. Die Energiekonzerne wollen das nicht akzeptieren und auch von Atomkraft-Gegnern kommt Kritik.

Das AKW-Mühleberg an der Aare bei Bern (Archiv) (Bild: sda)

Die AKW-Betreiber müssen nach dem Willen des Bundesrates künftig mehr in den Stilllegungs- und den Entsorgungsfonds einzahlen. Die Energiekonzerne wollen das nicht akzeptieren und auch von Atomkraft-Gegnern kommt Kritik.

Für die Stilllegung der Atomkraftwerke und die Entsorgung der radioaktiven Abfälle müssen die Betreiber finanzielle Mittel bereitstellen. Weil im Stilllegungs- und Entsorgungsfonds eine Finanzierungslücke droht, passt der Bundesrat die Berechnungsgrundlagen für die jährlichen Beiträge an.

Die Kostensteigerungen seien in den letzten zehn Jahren höher gewesen als angenommen, und die angestrebten Anlagerenditeziele hätten nicht erreicht werden können, hält der Bundesrat fest. Damit steige das Risiko für den Bund, für die fehlenden Mittel aufkommen zu müssen, falls die Betreiber ihren Verpflichtungen nicht vollständig nachkommen könnten. Mit den neuen Regeln wolle er das Risiko reduzieren.

Beiträge verdoppeln sich

Bei den beiden Fonds rechnet der Bundesrat künftig mit einer Anlagerendite von 3,5 statt wie bisher 5 Prozent und einer Teuerung von 1,5 statt 3 Prozent. Besonders umstritten war in der Vernehmlassung, dass auf den berechneten Stilllegungs- und Entsorgungskosten neu ein Sicherheitszuschlag von 30 Prozent erhoben werden soll. Der Bundesrat hält jedoch auch daran fest.

Für die AKW-Betreiber verdoppeln sich damit die Fonds-Beiträge in den nächsten Jahren. In den Stilllegungsfonds müssen sie künftig jährlich 100 Millionen Franken einzahlen statt wie heute 56 Millionen, in den Entsorgungsfonds 207 statt 118 Millionen Franken.

Ausserdem müssen die AKW-Betreiber künftig nach der Abschaltung eines Atomkraftwerks weiter Beiträge in die Fonds einzahlen. Die Dauer der Beitragspflicht für beide Fonds endet neu mit dem Abschluss der Stilllegung der jeweiligen Kernanlage und damit rund 15 bis 20 Jahre nach der endgültigen Ausserbetriebnahme. Damit will der Bundesrat vor allem für den Fall vorsorgen, dass ein AKW aus Sicherheitsgründen früher als geplant abgeschaltet werden muss.

Freiwillige Stilllegung wird gefördert

Nimmt ein Betreiber sein Kernkraftwerk ausser Betrieb, bevor es eine Betriebsdauer von 50 Jahren erreicht hat, wird er bei der Berechnung der Beiträge gleich behandelt, wie wenn er das Werk erst nach 50 Betriebsjahren ausser Betrieb genommen hätte. Damit setzt der Bundesrat eine Forderung des Parlaments um, die freiwillige Stilllegung älterer Kernanlagen zu fördern.

Die voraussichtliche Höhe der Stilllegungs- und Entsorgungskosten wird alle fünf Jahre berechnet. Ende 2011 lagen 4,3 Milliarden Franken in den beiden Fonds, kosten wird der Rückbau nach Berechnungen der AKW-Betreiber-Organisation Swissnuclear über 11 Milliarden. Damit fehlen aktuell 7 Milliarden Franken.

Die während des Betriebs anfallenden Entsorgungskosten werden durch die Betreiber direkt bezahlt, so dass der Entsorgungsfonds nur 8,4 Milliarden Franken decken muss.

BKW kündigt rechtliche Schritte an

Die Energiekonzerne bedauern, dass sie künftig mehr in die Stilllegungs- und Entsorgungsfonds einzahlen müssen. In seiner Stellungnahme bezeichnet der Energiekonzern BKW den Bundesratsentscheid als unverhältnismässig und kündigt rechtliche Schritte an. Die BKW betreibt das Atomkraftwerk Mühleberg.

Aus Sicht des Energiekonzerns Axpo ist die Änderung unnötig. «Da die Betreiber gemäss Kernenergiegesetz vollumfänglich für die Kosten von Stilllegung und Entsorgung haften, ist es nicht nötig, Zuschläge für Unsicherheiten auf Vorrat in den Fonds einzuzahlen.»

Auch bei Alpiq führt der Entscheid des Bundesrats zu erheblichem zusätzlichen Finanzierungsbedarf – der Energiekonzern ist wie Axpo an den AKWs Gösgen und Leibstadt beteiligt. Alpiq hat zwar gemäss seinem Communiqué Verständnis für einige Neuerungen. Der pauschale Sicherheitszuschlag von 30 Prozent sei aber zu hoch – es bestehe grundsätzlich kein Bedarf für einen solchen Zuschlag.

Energie-Stiftung unzufrieden

Ganz anderer Meinung ist die Schweizerische Energie-Stiftung (SES). Aus ihrer Sicht werden die AKW-Betreiber nur ungenügend zur Kasse gebeten, wie es in einem Communiqué heisst. Zwar mache der Bundesrat «einen Schritt in Richtung Kostenwahrheit», jedoch einen zu kleinen.

Der Atomstrom werde trotz Verbesserungen in der Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung weiterhin direkt oder indirekt subventioniert, schrieb die SES. Dies sei der falsche Weg.

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