Der Basler Zahnimplantatehersteller Straumann will wegen der Frankenstärke Grenzgänger bitten, eine Auszahlung ihrer Löhne in Euro zu akzeptieren. Die Gewerkschaften lehnen diese Massnahme ab: Mit ihr werde das Währungsrisiko auf die Arbeitnehmer abgewälzt.
Auch das Management nimmt Lohneinbussen hin: Beim Firmenchef Marco Gadola sinke die Vergütung um 35 Prozent, bei den Verwaltungsräten um 28 Prozent und für die Geschäftsleitung um 26 Prozent, hiess es.
«Erste Reaktionen von Mitarbeitern sind durchaus positiv ausgefallen», sagte Firmenchef Gadola zur Finanznachrichtenagentur AWP. Es sei unter den Mitarbeitern «eine gewisse Erleichterung» spürbar, dass man auf einen weiteren Personalabbau verzichte und stattdessen «faire Massnahmen für die ganze Belegschaft» vorschlage.
In der Schweiz beschäftigt Straumann rund 780 Mitarbeiter, davon seien etwa 220 Grenzgänger, führte Gadola aus. Die vorgeschlagenen Massnahmen betreffen den Standort Schweiz und sollen neu geprüft werden, sofern sich die Wechselkurssituation «substanziell» entspanne.
Straumann tätigt 95 Prozent des Geschäftes ausserhalb der Schweiz und erwirtschaftet rund 40 Prozent ihres Umsatzes in Euro. Da aber 45 Prozent der Kosten aus Produktion und Betrieb in der Schweiz anfielen, gehöre das Unternehmen zu den am stärksten von den Wechselkursverschiebungen betroffenen Firmen, hiess es weiter.
Arbeitgeber soll Risiko tragen
Für Reto Liniger, Sprecher des Arbeitnehmerverbandes Angestellte Schweiz, tönt die Ankündigung von Straumann auf den ersten Blick sympathisch, weil auch die Geschäftsleitung Lohneinbussen hinnimmt. Liniger stellt gegenüber der Nachrichtenagentur sda jedoch klar: «Einer der wichtigsten Grundsätze des Arbeitsrechts ist, dass der Arbeitgeber das Risiko des Wechselkurses tragen muss.»
Wenn Firmen Grenzgängern Löhne in Euro auszahlten, dann würde das Währungsrisiko auf die Arbeitnehmer abgewälzt, sagte Liniger. Ähnlich äusserte sich auch der Mediensprecher der Gewerkschaft Unia, Philipp Zimmermann: «Diese Abwälzung der Verantwortung auf die Belegschaft ist nicht zulässig.»
Zudem würden die Grenzgänger laut Liniger und Zimmermann mit dieser Massnahme diskriminiert: Das sei laut dem Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU nicht gestattet. Ausländische Arbeitnehmer müssten gleich behandelt werden wie Schweizer, das gelte auch in Bezug auf den Lohn.
Guido Schluep, Zentralsekretär Industrie bei der Gewerkschaft Syna, sieht ein weiteres rechtliches Problem: Laut Obligationenrecht müsse der Lohn in «gesetzlicher Währung» ausbezahlt werden. Das schliesse eine Auszahlung in Euro aus. Eine einseitige Änderung des Arbeitsvertrages ohne Einbezug des Arbeitnehmers sei sowieso nicht zulässig.
Keine Lohnkürzungen
Er stelle zurzeit eine gewisse «Hysterie» wegen der Frankenstärke fest, die teils von den Unternehmen ausgenutzt werde, sagte Schluep. Wenn eine Firma tatsächlich grosse Probleme habe, müsse sie ihre Bücher offenlegen. Dann könnten Sparmassnahmen mit den Arbeitnehmern und Verbänden am runden Tisch ausdiskutiert werden. Ein solches Vorgehen befürworten auch Unia und Angestellte Schweiz.
Lohnkürzungen lehnen alle befragten Gewerkschaften ab. Die Unia unterstütze aber die Möglichkeit der Kurzarbeit, sagte Zimmermann. Schluep verwies auf Krisenartikel in verschiedenen Gesamtarbeitsverträgen, welche eine befristete Verlängerung der Arbeitszeit ermöglichen.