Zwei Insektizide aus der Gruppe der Neonikotinoide schaden der Fortpflanzung von Bienenköniginnen. Zu diesem Schluss kommt ein internationales Forscherteam unter Schweizer Leitung. Die Forscher fordern gründliche Prüfungen der Umweltverträglichkeit der Pestizide.
Als Verantwortliche für das weltweite Sterben von Bienenvölkern stehen neben eingeschleppten Parasiten auch landwirtschaftliche Insektizide im Verdacht. Widersprüchliche Studien zu ihrer Wirkung auf Nützlinge liessen indes bisher keine eindeutigen Schlüsse zu, wie die Universität Bern am Dienstag mitteilte.
Umfragen bei Imkern in mehreren Ländern ergaben aber, dass der Verlust ganzer Kolonien möglicherweise mit Gesundheitsproblemen von Bienenköniginnen zusammenhängen könnte.
Ein Team vom Institut für Bienengesundheit der Universität Bern, der Agrarforschungsanstalt Agroscope und der kanadischen Acadia-Universität hat nun erstmals die Auswirkungen von Insektiziden aus der Gruppe der Neonikotinoide auf die Fortpflanzung von Bienenköniginnen untersucht.
Die untersuchten Königinnen hatten vergrösserte Eierstöcke, konnten weniger Spermien von männlichen Bienen speichern und waren insgesamt weniger erfolgreich beim Eierlegen, wie die Forscher im britischen Fachjournal «Scientific Reports» berichten. Die untersuchten Insektizidkonzentrationen lagen ihnen zufolge im «für das Feld realistischen» Bereich.
«Die Ergebnisse zeigen, dass diese Chemikalien Königinnen schädigen und dadurch für die Verluste von Bienenvölkern mitverantwortlich sein können», liess sich Erstautor Geoffrey Williams von der Universität Bern zitieren.
Beunruhigend, aber nicht überraschend
Die beiden für Königinnen schädlichen Neonikotinoide, Thiamethoxam und Clothianidin, gehören zu drei solchen Wirkstoffen, deren Anwendung in Europa bereits 2013 vorsorglich für zwei Jahre eingeschränkt wurde. In der Schweiz wurde ihr Einsatz in der Folge ebenfalls teilweise verboten. Der dritte Wirkstoff ist Imidacloprid.
Die Ergebnisse der Studie seien beunruhigend, aber nicht überraschend, erklärte Studienleiter Laurent Gauthier von Agroscope. Diese Chemikalien seien nicht so harmlos für Nützlinge wie ursprünglich angenommen. Die Forscher fordern gründlichere Umweltverträglichkeitsprüfungen von Neonikotinoiden, um Bienen und andere Nützlinge zu schützen.
In einem Bienenvolk gibt es nur eine Königin. Nur sie kann Eier legen und ist daher zentral für den Nachwuchs im Volk. Zudem sorgt sie durch die Produktion von Pheromonen für den sozialen Zusammenhalt des Volkes. «Ohne sie wäre das Volk innert kürzester Zeit nicht mehr überlebensfähig», sagte Mitautor Peter Neumann von der Universität Bern.
Jedes Jahr produzieren Millionen von Honigbienenvölkern in Europa und Nordamerika Honig und bestäuben Pflanzen. Die Palette der bienenbestäubten Pflanzen reicht vom Rüebli über die Mandel bis hin zum Raps. Die gesamte Bestäubungsleistung beträgt jährlich mehrere Milliarden Euro.