Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi hat die Eröffnungssitzung des burmesischen Parlaments boykottiert. Aus Protest gegen den Amtseid für Abgeordnete nahmen sie und 36 weitere Mitglieder der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) am Montag ihre Sitze nicht ein.
Suu Kyi hatte mit der NLD bei den Nachwahlen am 1. April 43 von 45 Parlamentssitze gewonnen, davon 37 im Unterhaus. Es wäre das erste Mal gewesen, dass Suu Kyi im Parlament erscheint.
Streit um Verfassung
Streitpunkt ist die Eidesformel, die Verfassung zu schützen. Suu Kyi möchte die Verfassung abändern. Die NLD kritisiert, die 2008 von der damaligen Militärjunta entworfene Verfassung sichere die Vormachtstellung des Militärs ab. NLD-Sprecher Nyan Win bot an, in der Eidesformel das Wort „Schutz“ durch „Respekt“ zu ersetzen.
Der Amtseid könne nur von den Abgeordneten geändert werden, meinten Rechtsexperten. Ein Viertel der Sitze im Parlament ist für das Militär reserviert. Die USDP hält mehr als Dreiviertel der restlichen Sitze.
Die vom Militär gestützte Regierungspartei USDP lehnte eine Änderung zunächst ab. Der USDP-Vorsitzende, Präsident Thein Sein, sagte in Japan: „Es ist ihr Entscheid, wir würden sie im Parlament begrüssen.“ Die Eidesformel sei „keine wichtige Sache“, sagte auch Aung Thaung, Mitglied des USDP-Vorstands.
Sein tönte aber auch an, dass er bereit sei, über die Eidesformel zu diskutieren, wenn dies im öffentlichen Interesse sei. Und NLD-Sprecher Win sagte der Nachrichtenagentur AP: „Wir kooperieren mit der Regierung, das Problem kann daher überwunden werden.“
Dominanz der Militärs
Ein Sprecher der Partei National League Force (NLF), die sich 2010 von der NLD abspaltete, um an den Wahlen teilnehmen zu können, drängte Suu Kyi zu Kompromissen. „Wenn sie jetzt nicht an den Parlamentssitzungen teilnehmen, ignorieren sie den Wunsch des Volkes“, sagte ihr Chef Kwin Maung Swe.
Ein EU-Diplomat in Rangun sagte zum Thema: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass der ganze Annäherungsprozess (zwischen Suu Kyi und der Regierung) wegen so einer Sache auseinanderfällt. Aber die Leute sind ziemlich dickköpfig hier.“
Die Opposition war jahrzehntelang unterdrückt worden. Suu Kyi selbst stand über 15 Jahre lang unter Hausarrest oder war im Gefängnis. Seit etwas über einem Jahr jedoch verfolgt die formal zivile Regierung eine Politik der Öffnung.