Suzanne Vegas grosser Durchbruch

Mit ihrem Album «Solitude Standing» prägte Suzanne Vega 1987 die Art, wie wir Musik hören, bis heute. Ihr Auftritt am «Stimmen»-Festival ist längst ausverkauft. Wir können aber vier Fans glücklich machen: Wir verlosen 2 x 2 Tickets.

Seit 30 Jahren erfreut sie mit ihren Songs: Suzanne Vega aus New York.

(Bild: Frans Schellekens)

Mit ihrem Album «Solitude Standing» prägte Suzanne Vega 1987 die Art, wie wir Musik hören, bis heute. Ihr Auftritt am «Stimmen»-Festival ist längst ausverkauft. Wir können aber vier Fans glücklich machen: Wir verlosen 2 x 2 Tickets.

Als sie ein Teenager war, erkor sie Leonard Cohen zu «ihrem besten Freund». Auf ihrem zweiten Album «Solitude Standing» hört man, wohin diese imaginäre Freundschaft Suzanne Vega führte. Mitten in die Erosionsjahre von Bombastrock und XXL-Pop erschien 1987 diese zarte Platte einer in sich ruhenden Stimme, begleitet von Gitarrengeflüster. Und mit Texten, die sich einhakten: «Luka» vor allem, die Ballade eines missbrauchten Knabens, der sich ob seines Loses von der Umwelt abkapselt. Beklemmend, wie sich Vega mit kargen Zeilen in die Figur hineindenkt, und raffiniert, wie sie das Lied komplett in Dur-Akkorden intoniert, um den Hörer mit dem tiefen Ernst hinter der trällernden Melodie zu überrumpeln. Verstörung hinter der Lieblichkeit – der Effekt war durchschlagend. 

«‹Luka› war anfangs kein populärer Song. Von der Bühne aus beobachtete ich das Publikum und bemerkte, wie sich ihre Mienen änderten, sobald der Text bei ihnen ankam. Zuerst ein Stirnrunzeln, dann allgemeines Unwohlsein, finstere Blicke auf den Boden, und am Ende ein widerstrebender Applaus», schrieb sie über die frühe Rezeption des Lieds. Es war schliesslich ihr Manager, der sie davon überzeugte, «Luka» trotz den ernüchternden Reaktionen als Single herauszubringen: Das Lied handle von einem gesellschaftlich wichtigen Thema. «Und von denen haben wir im Moment nicht genug. Diese Generation braucht mehr davon», soll er ihr gesagt haben. 

Tikaram, Chapman, Vega: Starke Stimmen der späten 80er

Er sollte recht behalten. «Solitude Standing» mit «Luka» war nicht das einzige Album einer jungen Songwriterin in den späten Achtzigern, das mit reduzierten Mitteln introspektive Tiefen aufriss. Tanita Tikaram stellte mit «Twist In My Sobriety» das Unbehagen des Eintritts in eine gefühlt brüchige Erwachsenenwelt heraus, Tracy Chapman besang mit «Fast Car» die Träume von verarmten Jugendlichen aus zerrütteten Familien.

Ticket-Verlosung
Das Konzert von Suzanne Vega am 13. Juli bei «Stimmen» ist zwar ausverkauft. Wir können aber vier Menschen glücklich machen. Wir verlosen 2 x 2 Tickets. Einfach mittels Kommentar einen guten Grund angeben und auf die Glücksfee hoffen! Die Gewinner werden am Freitag, 8.7., direkt benachrichtigt.

Suzanne Vegas «Solitude Standing» hatte ihnen voraus, dass es noch mit einem zweiten, grösseren Hit aufwartete: «Tom’s Diner», an den Anfang des Albums gesetzt, beschrieb eine Alltagsszene aus dem morgendlichen Coffeeshop, in dem die Zeilen hörspielartig zu einer poetischen Skizze ineinanderfliessen. Berühmt geworden ist das A-cappella-Stück, als es Vegas Händen entfloh: 1990 bastelte das britische Produzentenduo DNA einen simplen wie bestechenden Remix, indem es unter Vegas Gesang einen Dancebeat schob und damit weltweit hohe Chartspositionen erreichte.

«Tom’s Diner» als Richtschnur für die Entwicklung von MP3

Vor allem diente das Lied quasi als Geburtshelfer für eine Revolution im Musikkonsum: Im mittelfränkischen Erlangen tüftelte zu dieser Zeit der Elektrotechniker Karlheinz Brandenburg an einem neuen Format zur Kompression von Audiodateien, um Musikstücke möglichst verlustfrei auf kleine Datenmengen zu reduzieren – und zwar so, dass das menschliche Ohr möglichst wenig vom Verlust der entfernten Frequenzen mitkriegt. Brandenburg benutzte «Tom’s Diner» als Richtschnur: Weil ausser Vegas Stimme nichts zu hören und infolgedessen die Diskrepanz zwischen dem produzierten Ausgangsstück und den psychoakustischen, fürs Ohr tatsächlich hörbaren Frequenzen entsprechend klein war, bot der Song für den Entwickler das ideale Messmodell, um das Komprimierungsverfahren zu testen. MP3 nannten Brandenburg und sein Team das neue Format.

Gesang und Wörter umarmen sich zärtlich

«Luka» und «Tom’s Diner» wurden so auf höchst unterschiedlichen Wegen zu den Kernstücken von Vegas zweitem Album und setzten Erfolge, die sie danach nie mehr erreichen sollte und spätere, formal gewagtere Platten wie «99.9 Fº» in den Schatten stellten. Aber die ungewöhnlichen Begleitgeschichten dieser zwei Hits verstellten auch den Blick auf das restliche Material von «Solitude Standing» wie etwa die wunderbare Trostballade «Gypsy», in der Gesang und Wort zu zärtlicher Umarmung finden. Das soll nicht untergehen, dachte sich auch Vega selbst – und brachte das Werk 2012, 25 Jahre nach der Erstveröffentlichung, als Livealbum nochmals heraus. Eine schöne Wiedererweckung: Sie altern kaum, die Lieder dieser wegweisenden Platte. Man darf sich freuen, wenn sich Vega in Lörrach daran erinnert.

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Suzanne Vega: Stimmen-Festival, Rosenfelspark Lörrach, 13. Juli. Das Konzert ist ausverkauft.

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