Gequietscht haben die Teenies wegen Robert Pattinson. Aber den Traum teilen sie mit den Jüngeren. Mit Sven Schelker etwa, dem Reinacher Schauspieler, der für die Schweiz als «European Shooting-Star» an der 65. Berlinale auftritt. Eine Begegnung.
Im Spielfilm «Kreis» spielt er an der Seite von Matthias Hungerbühlerdie andere Hälfte des Liebespaares, den Travestiekünstler Röbi Rapp in jungen Jahren. Der Film wurde von der Schweiz ins Rennen um die Oscars geschickt, als Kandidat für den besten Schweizer Film.
Als «European Shooting Star» gehört Sven Schelker zu jenen ausgewählten Nachwuchsschauspielern, die auf der Berlinale ein Forum erhalten, entdeckt zu werden. Er tritt damit in die Fussstapfen von Joel Basman und Carla Juri, die die Schweiz in den Jahren zuvor vertreten haben.
Der Event gilt auch als Anerkennung für eine hervorragenden Leistung. «Der Kopf brummt mir jetzt schon ein wenig» sagt Sven Schelker zu Beginn unseres Gesprächs. Da hat er schon einen Morgen lang die Fragen der internationalen Presse beantwortet, auf Englisch, Deutsch und … Französisch. «Als die mich fragten, ob ich Französisch spreche, habe ich zu rasch genickt. Und erst später habe ich bemerkt, dass ich damit etwas hochgestapelt habe. Mein Französischlehrer hätte seine Freude gehabt.»
Wie kam Sven Schelker aus Reinach zum Schauspiel? «Ich bin sehr früh mit Theater in Kontakt gekommen. Ich habe mit meinem Schulfreund viel Theater gesehen. Da entstand rasch der Wunsch, selber dort oben zu stehen und nicht im Zuschauerraum zu sitzen. Dann kam das Freifach am Gymnasium dazu.»
Nach der Matur nach München
Martin Frank hatte da unterrichtet. Schelker war sofort begeistert. «Woyzeck. Wahnsinn. Das hat meine Vorstellung von Schule auf den Kopf gestellt. Und meine Wünsche an mein Leben verändert.»
Der Gymnasiast Schelker wusste sofort, dass ihm dieses kreative Arbeiten auf Augenhöhe liegt. «Schule war für mich neu lanciert. Ich war danach in allen Theaterprojekten an der Schule dabei: Musical, Theater. Alles.»
Schelker hat anschliessend an der Falckenberg-Schule in München solides Theater-Handwerk gelernt. Mit einem Text von Aristophanes machte er seine Abschlussarbeit. «Die Vögel» inszenierte damals Julia Hölscher, die zum neuen Team am Basler Theater gehört.
Bewunderung für andere Schauspieler
Was war der Hauptantrieb für Schelker, Schauspieler zu werden? «Bewunderung», sagt er unumwunden, «Bewunderung für andere Schauspieler. Und das Gefühl, dass ich nicht mehr da unten sitzen kann. Ich muss da oben spielen. Sätze von einem Autor sagen. Andere spielen.»
Die Sehnsucht beschränkte sich bald nicht mehr nur auf die Bühne. «Ich habe Filme geliebt von den Gebrüder Coen, von Ridley Scott oder Tim Burton. Mein Wunsch stand nach der Matur in Münchenstein fest: Ich könnte den ganzen Tag nur Theater spielen.»
Wichtig waren dabei seine Eltern. «Die haben mich immer unterstützt». Das sagt Schelker mit einem leisen Feuer in den Augen. Mittlerweile ist er am Hamburger Thalia-Theater engagiert. Ist Film nicht ganz etwas anderes als Theater? «Ich liebe die Verwandlung. Egal, in welcher Form.»
Akribisch vorbereitet auf die Rolle in «Der Kreis»
Wie oft er schon gefragt wurde, ob er auch schwul sei wie seine Figur im «Kreis», verrät er nicht. «Das ist eine Rolle, die etwas von sich zeigt. Die sich selber blossstellt. Ich mag solche Rollen.»
«Stefan Haupt, Matthias Hungerbühler und ich haben uns akribisch vorbereitet. Wir hatten ja auch die beiden lebendigen Vorbilder kennengelernt. Das war besonders spannend für mich. Eine Figur zu spielen, die es im Leben wirklich gibt. Die dir gegenübersitzt. Wir haben viel mit den echten Ernst und Röbi gearbeitet.»
Eine Traumrolle hat er schon: auf der Bühne stehen
Im Film geniesst Svens Figur den Rückhalt seiner Mutter. «Wie meine Eltern, als ich Schauspieler werden wollte. Ich bin ganz bewusst in diesen Beruf.» Welche Rolle spielt Basel für den Reinacher? «Basel hat eine sehr wache junge Theaterszene. Junges Theater Basel, Junges Schauspiel, das sind einladende Spielwiesen. Das hat mich immer gelockt.»
Was aber war der wichtigst Antrieb für ihn? War es nur Selbstverwirklichung? Oder die Tatsache, dass er etwas zu sagen hat? Da verliert er etwas an Schwung. «Selbstverwirklichung spielt immer eine Rolle. Aber Theater ist für mich einzigartig live. Direkte Reaktionen erzeugen können ist etwas Faszinierendes. Das kann man nur im Theater.»
Zurück nach Hamburg
Nach der Berlinale geht es erst einmal zurück nach Hamburg. Was spielt er auf der Bühne? «Zum Beispiel den Paris in ‹Romeo und Julia›. Eigentlich einen Langeweiler. Aber mein Paris will geliebt werden.» Was jetzt nach der Berlinale an Film auf ihn zukommt, weiss er noch nicht. Traumrollen hat er keine. Oder doch? «Lucky Luke», sagt er sehr rasch. «Am Schluss ganz allein zu Pferd davonreiten.» Das meint er nicht ganz ernst. Dennoch richtet er seine Frisur ein wenig, wie nach einem schnellen Ritt. Er muss jetzt bereit sein für ein Fotoshooting. Mit Natalie Portman.