Das Parlament hat der Forderung der SVP nach einem Asylmoratorium eine klare Absage erteilt. Nach dem Nationalrat hat sich am Donnerstag auch der Ständerat damit befasst.
Mit Ausnahme des Schwyzer SVP-Ständerats Peter Föhn sprach sich niemand dafür aus. Föhn zog den Vorstoss daher vor der Abstimmung zurück. Ihm sei die Diskussion wichtig gewesen, begründete er sein Vorgehen. Bereits zu Beginn der Debatte hatte Föhn eingeräumt, die Zeiten hätten sich dramatisch verändert, seit er die Motion eingereicht habe.
An der Forderung hielt er zunächst dennoch fest: Der Bundesrat solle mittels Notrecht die Anwendung des Asylgesetzes für mindestens ein Jahr teilweise ausser Kraft setzen. Während dieser Zeit dürften keine Personen mehr ins Asylverfahren aufgenommen oder als Flüchtlinge anerkannt werden.
Asylmaschinerie braucht es nicht
«Echte Flüchtlinge» könnten trotzdem aufgenommen werden, versicherte Föhn. Dafür brauche es aber die ganze «Asylmaschinerie» nicht. Die meisten seien aber Wirtschaftsflüchtlinge. Derzeit werde das übersehen, es werde «auf die Tränendrüse gedrückt».
Der SVP-Ständerat zielte in seinen Ausführungen insbesondere auf Asylsuchende aus Eritrea, aber auch auf jene aus dem Bürgerkriegsland Syrien: Ihm sei aufgefallen, dass viele Syrer in den Fernsehbeiträgen Englisch sprächen. Das könnten also nicht die Ärmsten sein, befand Föhn.
Unmenschlich und wirkungslos
Wie am Vortag im Nationalrat erntete die SVP auch im Ständerat Kritik für die Motion, wenn auch weniger laute. Die Forderung sei nicht nur unmenschlich, sondern vollkommen wirkungslos, sagte Anita Fetz (SP/BS). Wer wissen wolle, wohin eine Politik der Abschottung führe, könne nach Ungarn schauen.
Paul Rechsteiner (SP/SG) stellte fest, die Schweiz sei ein Rechtsstaat und Teil der Völkergemeinschaft. Die Motion wolle, dass sie sich von beidem verabschiede. Das sei eine «Schande», da brauche es deutliche Worte.
Robert Cramer (Grüne/GE) erinnerte daran, dass die Schweiz in diesem Jahr rund 30’000 Asylgesuche erwarte – viel weniger als in den 1990er Jahren. Dass Unterkünfte fehlten, habe mit dem früheren SVP-Bundesrat Christoph Blocher zu tun, der die Strukturen abgebaut habe.
Humanitäre Mitverantwortung
Was die SVP fordere, wäre «die krasseste Form der Negierung der Pflichten eines Rechtsstaates», stellte Urs Schwaller (CVP/FR) fest. Die Schweiz müsse sich konstruktiv beteiligen, beispielsweise mit der Aufnahme von 5000 Flüchtlingen. Sie habe eine christliche und humanitäre Mitverantwortung.
«Niemand wird je sagen können, er habe es nicht gewusst», sagte Schwaller mit Blick auf die Flüchtlingsdramen. Karin Keller-Sutter (FDP/SG) fragte Föhn, wie er wissen wolle, wer Anspruch auf Schutz habe, wenn die Asylgesuche nicht mehr geprüft würden.
SVP-Ständerat Roland Eberle (TG) distanzierte sich von der Motion seines Parteikollegen. Er sehe in den Vorschlägen keine taugliche Lösung, sagte er. Gleichzeitig sprach er aber von einem Gefühl der Ohnmacht und der Angst und warnte vor einem «zu vollen Boot». Gegen die Motion sprach sich auch Thomas Minder (parteilos/SH) aus. Er empfahl dem Bund überdies, sich in Eritrea für ein Rückübernahmeabkommen einzusetzen, gekoppelt an Entwicklungshilfe.
Treffen mit Amtskollegen
Justizministerin Simonetta Sommaruga sagte wie bereits im Vortag im Nationalrat, man werde Europa und auch die Schweiz daran messen, wie sie mit dieser Flüchtlingskrise umgingen.
Sie treffe sich am Nachmittag mit Amtskollegen aus deutschsprachigen Ländern, sagte Sommaruga weiter. Bisher habe die Schweiz im laufenden Jahr 19’668 Asylgesuche verzeichnet, bis Ende Jahr erwarte sie 29’000. Österreich erwarte 70’000 Gesuche, Deutschland 800’000. Sie hoffe, dass sie ihren Amtskolleginnen und -kollegen nicht sagen müsse, die Schweiz setze mittels Notrecht das Asylrecht ausser Kraft.
Sommaruga äusserte sich auch zu Eritrea. Sie würde noch so gerne mit dem Land ein Migrationsabkommen abschliessen, sagte sie. Wenn das möglich wäre, würde das nämlich bedeuten, dass in Eritrea die Menschenrechte eingehalten würden, dass das IKRK Zugang zu Gefängnissen hätte. Das sei heute nicht der Fall.