Nach dem jüngsten Abstimmungserfolg bleibt für die SVP die Ausländerpolitik prioritär. «Unsere Partei muss in der Zuwanderungsfrage die Verantwortung wahrnehmen», sagte Parteipräsident Toni Brunner der Nachrichtenagentur sda – auch im Hinblick auf die Wahlen 2015.
«Andere Parteien verweigern sich dem Thema, wir besetzen es», hielt der St. Galler Nationalrat fest. Wenn die Schweizer Bevölkerung in der Ausländerpolitik mehr Ordnung und mehr Wille zu politischem Durchgreifen fordere, brauche es die SVP.
Auch wenn die Masseneinwanderungsinitiative nicht der eigentliche Startschuss in den Wahlkampf gewesen sei, werde sie die eidgenössischen Wahlen im nächsten Jahr beeinflussen, zeigte sich Brunner überzeugt. «Die nächsten Monate und Jahre werden entscheidend sein für den Bundesrat und das Parlament.»
Die Vertreter in Bundesbern müssten den Volkswillen nun umsetzen. «Tun sie dies nicht, sind die Wahlen 2015 die nächste Gelegenheit, personelle Änderungen vorzunehmen», sagte Brunner. Der SVP-Präsident erinnerte daran, dass seiner Partei seit langem ein zweiter Sitz in der Landesregierung zustehe.
Erfolge wie das Ja zur Masseneinwanderungsinitiative zeigten, dass das Volk einen Systemwechsel in der Ausländerpolitik fordere. «Bei Migrationsfragen traut man der SVP mehr zu als den Bundesräten und den Parlamentariern.» Die 50,3 Prozent Zustimmung seien ein Vertrauensbeweis der Bevölkerung – weit über die Parteigrenzen hinaus.
Je schneller, desto besser
Der SVP-Präsident wiederholte den Appell an den Bundesrat, rasch eine Arbeitsgruppe zu bilden, die sich mit der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative befasst. «Wir sind bereit, unseren Beitrag zu leisten, aber der Ball liegt nun bei Regierung und Parlament.»
Dabei müsse sie sich nicht von der EU beeindrucken lassen. Werde der Volkswillen respektiert, werden es andere Volksbegehren – wie etwa die Ecopop-Initiative – schwierig haben.
Brunner unterstützt denn auch die Forderung der CVP vom Montag, die Von-Wattenwyl-Gespräche am kommenden Freitag für die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative zu nutzen. Traktandiert wären eigentlich Gespräche zur Reform der Altersvorsorge 2020.
Verschiedene Brennpunkte
In den kommenden Wochen und Monaten will sich die SVP laut Brunner auf verschiedene weitere dringende Geschäfte konzentrieren. So gelte es beispielsweise, das revidierte Ausländergesetz, das künftig «Ausländer- und Integrationsgesetz» heissen soll, in die richtigen Bahnen zu lenken.
Auch die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative auf Gesetzesstufe sei wichtig, sagte Brunner. «Dem Parlament steht viel Knochenarbeit bevor.» Die SVP werde alle Themen eng begleiten und dann entscheiden, ob allenfalls das Volk wieder einbezogen werden müsse.
Ob die SVP bei den Wahlen 2015 die 30-Prozent-Hürde anpeilen wird, liess Brunner offen. «Sie hören von mir keine Zahl. Nur so viel: Unsere Partei muss bei den Wahlen 2015 stärker werden.»
Profil für kommende Wahlen
Sicher ist: Die SVP hat mit dem überraschenden Abstimmungserfolg das politische Terrain für die Wahlen im nächsten Jahr besetzt. Mit der Forderung nach einer repressiven Ausländerpolitik traf die Partei zum wiederholten Mal den Nerv einer Mehrheit des Stimmvolks.
Die Situation erinnere an die Zeit nach dem Nein zum EWR-Beitritt im Jahr 1992, erklärte Politologe Oscar Mazzoleni auf Anfrage. Zwar gebe es ein paar Unterschiede, doch seien viele Parallelen erkennbar. Beispielsweise sei beim Stimmvolk ein ähnlicher Stadt-Land- und Röstigraben zum Vorschein gekommen.
«Die SVP richtet ihre Politik nach einer Ideologie aus, die sie seit zwanzig Jahren konsequent verfolgt», sagte Mazzoleni. Die Partei nehme regelmässig die verschiedenen Sorgen der Bevölkerung auf – beispielsweise die Beschäftigung, Lohndumping oder Migrationsthemen.
Während die SVP lange Zeit nur Oppositionspolitik betrieben habe, besetze sie in jüngerer Vergangenheit oft selbst Themen, hielt der Lausanner Uniprofessor fest. Dies schlage sich auch positiv im Wähleranteil nieder.
Erfolgreiche Testkampagne
Für Mazzoleni steht ausser Frage, dass die SVP diese Politik bis zu den kommenden Wahlen weiterverfolgen wird. Der vergangene Abstimmungssonntag sei dabei eine Art Pulsmesser gewesen. Laut dem Politologen hat die Partei im Abstimmungskampf erfolgreich versucht, das Volksbegehren mit einer etwas moderateren Kommunikationspolitik zum Erfolg zu führen.
«Die Partei wählte dabei ein Thema, dass alle betrifft», sagte Mazzoleni. Die Initiative beinhaltete eine Vielzahl von Anliegen der Bevölkerung – linke und rechte.