Mit Panzern und Kampfhelikoptern hat die syrische Armee am Samstag ihre Offensive zur Rückeroberung der Stadt Aleppo begonnen. Regierungssoldaten umzingelten von Aufständischen gehaltene Stadtteile und attackierten diese mit schwerer Artillerie.
Die Regierungstruppen begannen um 8 Uhr morgens (7 Uhr MESZ), Salaheddin und andere von den Rebellen gehaltene Stadtteile anzugreifen. Bereits seit 4 Uhr morgens war die Stadt beschossen worden.
Ein erster Angriff auf Salaheddin sei abgewehrt worden, sagte Abdel Dschabbar al-Okaidi, ein Oberst der Freien Syrischen Armee (FSA). Auch einen Angriff auf das Hamdanijeh-Quartier konnten die Aufständischen nach eigenen Angaben zunächst abwehren.
Dschihadisten unterstützen FSA
An der Seite der Rebellen kämpfen auch ausländische Dschihadisten. Die islamistischen Kämpfer berichteten der Nachrichtenagentur AFP, sie kämen aus Algerien, Frankreich, Schweden und Tschetschenien.
Gemäss der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte starben am Samstag bei Kämpfen in ganz Syrien 91 Menschen, die meisten in Aleppo. Aber auch aus anderen Teilen Syriens, aus Homs, Hama, Daraa und Damaskus-Land wurden am Samstag Kämpfe gemeldet.
Tausende auf der Flucht
In der Weltkulturerbe-Stadt Aleppo droht ein Häuserkampf. „Die Rebellen haben sich in den engen Gassen positioniert, was die Kämpfe erschwert“, sagte ein Vertreter der syrischen Führung gegenüber der AFP.
„Tausende Menschen fliehen vor dem Bombardement. Sie werden von Helikoptern terrorisiert“, berichtete ein Aktivist namens Amer. Die verbliebenen Zivilisten suchten Schutz in Kellerräumen. Lebensmittel würden knapp; Strom- und Wasserversorgung seien unterbrochen.
Entscheidungsschlacht?
Der Kampf um das Wirtschaftszentrum des Landes mit seinen 2,5 Millionen Einwohnern könnte zur Entscheidungsschlacht im Konflikt werden. Regierungsmedien sprachen von der „Mutter aller Schlachten“.
Militärexperten räumen Assads Truppen zwar die grösseren Chancen in grossen Städten ein. Dennoch gewännen die Rebellen an Stärke, während das Militär schwächer werde, da es die Kontrolle in den ländlichen Gebieten verlöre, sagte Ayham Kamel von der Eurasia Group.
Der frühere Leiter der UNO-Beobachtermission in Syrien, Robert Mood, erklärte, es sei nur eine Frage der Zeit, bis das Regime stürze, nämlich dann, wenn sich mehr Angehörige der Streitkräfte lossagten und der Opposition anschlössen.
Weltweite Besorgnis
Weltweit forderten Politiker ein Ende der Offensive in Aleppo, so auch UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon. Die USA und Grossbritannien warnten vor einem Massaker. Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan forderte die Weltgemeinschaft auf, nicht länger „Zuschauer oder Beobachter“ zu bleiben und der französische Präsident François Hollande forderte ein rasches Eingreifen des UNO-Sicherheitsrats.
Russland, das sich dort Sanktionen gegen das Regime von Baschar al-Assad verweigert, warnte vor einer „Tragödie“. Aussenminister Sergej Lawrow sagte, seine Regierung versuche, die syrische Führung davon zu überzeugen, den Aufständischen ein Entgegenkommen zu signalisieren.
Wenn aber die Aufständischen Städte wie Aleppo besetzten, sei es nicht realistisch, dass Damaskus dies hinnehme. Lawrow warf dem Westen und „einigen syrischen Nachbarn“ vor, den Kampf gegen Damaskus „zu unterstützen und zu lenken“.