Die syrische Armee hat am Wochenende versucht, den Vormarsch der Rebellen an die Mittelmeerküste aufzuhalten. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete, die Regierungstruppen hätten zahlreiche Rebellen getötet, die in Dörfer um die Stadt Latakia vorgedrungen seien.
Unter den Getöteten seien auch libysche Freiwillige. Die Revolutionskomitees meldeten ihrerseits den Tod von zwei Kämpfern der Freien Syrischen Armee (FSA) im Bezirk Wadi al-Scheichan.
Das regimekritische Nachrichtenportal «all4syria» hatte zuvor berichtet, Präsident Baschar al-Assad habe Angehörige der Republikanischen Garde als Verstärkung von der Hauptstadt Damaskus in die Küstenregion geschickt. Im Hinterland von Latakia und Tartus liegen die traditionellen Siedlungsgebiete der alawitischen Minderheit, der auch die Präsidentenfamilie Assad angehört.
Laut «all4syria» sind wegen des Vorrückens der Rebellen vor einigen Tagen Zivilisten aus einer Ortschaft, die drei Kilometer von Assads Heimatort Al-Kardaha entfernt liegt, in die Provinzhauptstadt Latakia geflüchtet.
Assads Leibwächter verletzt
Unterdessen wurden neue Details zu dem fehlgeschlagenen Attentat auf Assad am Donnerstag bekannt. Regimekritische Medien berichteten, Leibwächter des Präsidenten seien bei den Mörserattacken auf seinen Konvoi getroffen worden. Die Website «Zaman al-Wasl» meldete, drei namentlich bekannte Offiziere würden seither im Al-Schami-Spital in Damaskus behandelt.
Anwohner in dem Innenstadtviertel, das zwischen Assads Haus und einer Moschee liegt, zu der er an dem Morgen fuhr, sagten, sie hätten zwölf Explosionen gehört. Zumindest einige Granaten hätten ihr Ziel völlig verfehlt. Die Regierung hatte den Angriff dementiert.
Oppositionschef in Daraa
Der Vorsitzende der oppositionellen Nationalen Syrischen Koalition, Ahmed al-Dscharba, war am gleichen Tag überraschend in der umkämpften Stadt Daraa aufgetaucht. Für diesen symbolisch wichtigen Schritt heimste der Vorsitzende der hauptsächlich im Exil operierenden Koalition nun Lob der Regierungen von Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten ein.
Ein Oppositioneller sagte, die Aussenminister beider Staaten hätten Al-Dscharba angerufen, um ihre Unterstützung zu bekunden.
Hohe Dunkelziffer bei Opfern
Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter teilte mit, sie habe seit Beginn der Revolution im März 2011 den gewaltsamen Tod von 106’423 Menschen dokumentiert. Die Organisation erklärte, die Zahl der Toten sei wahrscheinlich noch deutlich höher, da weder die Armee noch die Rebellen belastbare Angaben zur Zahl der Getöteten aus ihren Reihen machten.
Ausserdem sei unklar, wie viele Häftlinge getötet worden seien. Nach den Recherchen der Organisation, die ihren Sitz in London hat, starben 53’851 Zivilisten, unter ihnen 5553 Kinder. Die Vereinten Nationen schätzen die Zahl der Menschen, die durch den Aufstand gegen das Regime von Präsident Assad ums Leben gekommen sind, auf über 100’000.