Je länger die Syrien-Krise andauert, desto mehr spitzt sich die Situation der Flüchtlinge in Libanon zu. Eine Studie der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ (MSF) zeigt deren prekäre Gesundheitsversorgung auf. Grund dafür ist die schleppende Registrierung.
Ungefähr 40 Prozent der 300’000 syrischen Flüchtlinge in Libanon seien noch nicht registriert, sagte MSF-Direktor Bruno Jochum am Donnerstag anlässlich seiner Rückkehr aus dem Krisengebiet. Und zwei Drittel der nicht Registrierten erhielten auch keine Hilfe.
Der Registrierungsprozess durch das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge in der Bekaa-Ebene dauere zwei bis drei Monate. „Das ist viel zu lange, weil die wartenden Familien kein Recht auf internationale Hilfe haben“, sagte Jochum. Doch die Registrierung sollte keine Bedingung sein, um in einer Notsituation Hilfe zu erhalten.
„MSF ruft alle Behörden und Agenturen dazu auf, die Einrichtung von Empfangszentren für Neuankömmlinge zu beschleunigen und umgehend zugängliche Kollektivunterkünfte zu schaffen, die den winterlichen Bedingungen standhalten“, heisst es in der Mitteilung.
Hausen in Bauernhöfen und Garagen
In weiten Teilen Libanons haben die Gastgemeinden zudem kaum mehr die Kapazität, Flüchtlinge aufzunehmen. Das zeigt der Bericht, den MSF am Donnerstag präsentierte. „Wenn tausende weitere Flüchtlinge in Libanon eintreffen, gibt es keine Alternative, als Lager einzurichten“, sagte Jochum.
Mehr als die Hälfte der befragten Flüchtlinge sind in mangelhaften Unterkünften einquartiert; als Beispiele nennt der Bericht unangemessene Kollektivunterkünfte, Bauernhöfe, Garagen, unfertige Rohbauten oder alte Schulen. Gar 75 Prozent lebten unter Bedingungen, die der Härte des Winters „überhaupt nicht angepasst sind“.
Dazu komme, dass sich die medizinische Situation in den letzten sechs Monaten deutlich verschlechtert habe. Mehr als die Hälfte aller Interviewten könne sich die Behandlung chronischer Krankheiten nicht leisten, schreibt MSF in einer Mitteilung zum Bericht. Und wer nicht registriert sei, müsse für Behandlungen in libanesischen Spitälern zu hundert Prozent selber aufkommen.
„Situation unterschätzt“
Kinderimpfungen, rezeptpflichtige Medikamente, die Betreuung von Frauen während der Schwangerschaft und Geburtshilfe sowie die medizinische Grundversorgung seien so ausser Reichweite. Die Studie wurde im Dezember 2012 beendet und umfasste 2100 syrische Flüchtlingsfamilien.
Der MSF-Direktor beklagte, die libanesischen Behörden und die internationale Gemeinschaft hätten die Dauer und die Schwere der Krise unterschätzt. „Im vergangenen Sommer dachten die syrischen Flüchtlinge, sie könnten rasch zurückkehren. Doch das ist nicht der Fall.“
Die Hilfsorganisation werde ihre Hilfe in Libanon intensivieren. Aber die NGO seien nicht in der Lage, die Gesundheits-Strukturen der lokalen Behörden zu ersetzen. „Man muss die administrativen Schranken aufheben“, forderte Jochum.