Der oppositionelle Syrische Nationalrat (SNC) ist nun doch nicht bereit, einer Übergangsregierung unter Führung eines Vertrauten des aktuellen syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zuzustimmen. Zuvor hatte es noch geheissen, der Rat würde ein solches Vorgehen akzeptieren.
SNC-Sprecherin Bassma Kodmani widersprach am Dienstag der Äusserung eines anderen Sprechers der Oppositionsgruppe: „Es bestand nie die Frage einer Regierung der nationalen Einheit unter Führung eines Mitglieds des Regimes“, stellte Kodmani klar. Eine Übergangsregierung müsse von der Opposition geführt werden.
Ihr Kollege Georges Sabra hatte einige Stunden zuvor erklärt, der Nationalrat sei „mit einem Rückzug Assads und der Übertragung seiner Aufgaben an eine der Persönlichkeiten des Regimes einverstanden“.
Als mögliches Vorbild hatte er den Jemen genannt. Dort hatte sich der langjährige Präsident Ali Abdullah Saleh im November nach monatelangen Protesten bereit erklärt, die Macht übergangsweise an seinen Stellvertreter Abd Rabbo Mansur Hadi abzugeben.
Neuer Chef für Nationale Sicherheit
Die syrische Führung um Assad ernannte derweil am Dienstag – knapp eine Woche nach dem tödlichen Anschlag auf vier ihrer Vertreter – einen neuen nationalen Sicherheitschef. General Ali Mamluk werde gleichzeitig auch in den Rang eines Ministers versetzt, verlautete aus syrischen Sicherheitskreisen.
Mamluk überwache neu den kompletten Sicherheitsapparat und stehe in direktem Kontakt zu Staatschef Assad. Der Sicherheitsapparat werde damit – wie bereits vor dem Attentat geplant – zentralisiert, hiess es weiter. Bisher seien die Sicherheitsbehörden auf verschiedene Ministerien aufgeteilt gewesen.
Israel: Chemiewaffen unter „voller Kontrolle“ Assads
Was die Sicherheit in der Region betrifft, so hält die syrische Regierung gemäss israelischen Angaben weiter die volle Kontrolle über ihre Chemiewaffen. Der israelische Reservegeneral Amos Gilad zerstreute am Dienstag zudem Befürchtungen, Chemiewaffen könnten in die Hände der libanesischen Hisbollah-Miliz geraten sein.
„Nach unseren Informationen besitzt die Hisbollah keine chemischen Waffen aus Syrien, und es wurden auch keine Chemiewaffen an terroristische Organisationen wie Al-Kaida geliefert“, sagte Gilad dem israelischen Radio. Die oppositionelle Freie Syrische Armee (FSA) hatte zuvor erklärt, Assad habe Chemiewaffen an grenznahe Flughäfen verlegen lassen.
Aleppo weiter umkämpft
Die Kämpfe zwischen syrischen Regierungstruppen und Aufständischen erreichten derweil die Altstadt der nur 50 Kilometer von der türkischen Grenze entfernten Millionenstadt Aleppo. Rebellen und Soldaten kämpften an Bab al-Hadid und Bab al-Nasr, zwei von mehreren Zugangstoren zum UNESCO-Weltkulturerbe-Stadtteil, berichteten Augenzeugen.
Ein Oppositioneller sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die Aufständischen versuchten die Kontrolle über das Viertel zu gewinnen, nach dem sie bereits sechs andere Stadtteile erobert hätten. Rebellen-Kommandant Mustapha Abdullah erklärte, aus dem Umland strömten immer mehr Kämpfer in die Stadt.
Die Regierungstruppen versuchten ihrerseits laut der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, mit dem Einsatz von Kampfhelikoptern dagegenzuhalten. Bei der Niederschlagung einer Meuterei im zentralen Gefängnis der Stadt wurden zudem laut SNC acht Häftlinge durch die Regierungstruppen getötet. Auch die Hauptstadt Damaskus wurde den Rebellen zufolge von neuen Gefechten erschüttert.