Ungeachtet der zugesicherten Waffenruhe haben syrische Regierungstruppen nach Angaben von Aktivisten ihre Angriffe auf Homs fortgesetzt. Die Millionenstadt sei am Mittwoch erneut mit Mörsergranaten beschossen worden.
Alle zehn bis 15 Minuten würden Granaten in Homs einschlagen, sagte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London, Rami Abdel Rahman. Aktivisten berichteten zudem von Explosionen und Schüssen in der Stadt Daraa.
Die staatliche syrische Nachrichtenagentur SANA meldete hingegen, bei zwei Anschlägen auf syrische Regierungstruppen in der Provinz Idlib und nahe der Stadt Aleppo seien am Mittwoch mindestens zehn Soldaten getötet worden.
Regimegegner zählten landesweit bis zum Nachmittag 26 Tote. Am Vortag sollen mehr als 70 Menschen getötet worden sein.
Syrien verspricht erneut Kooperation
Trotz der anhaltenden Angriffen der Sicherheitskräfte bekräftigte die syrische Regierung ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Nach chinesischen Angaben sagte Syriens Aussenminister Walid al-Muallim bei seinem Besuch in Peking die vollständige Umsetzung des Sechs-Punkte-Plans des internationalen Sondergesandten Kofi Annan zu.
Wie der chinesische Aussenminister Yang Jiechi erklärte, versprach Al-Muallim unter anderem, Syrien werde die im Annan-Plan vorgesehene Waffenruhe einhalten, die Truppen aus den Städten abziehen und mit der UNO-Beobachtermission zusammenarbeiten.
UNO-Beobachter warten auf Unterzeichnung
Aufgabe der Beobachter ist es, die Waffenruhe zu überwachen, die am Donnerstag vergangener Woche in Kraft getreten war. Seit Sonntag befindet sich ein mittlerweile sieben Mitglieder umfassender Voraustrupp in Syrien.
Für die Beobachtermission ist allerdings noch die Unterzeichnung eines Protokolls mit der Regierung notwendig. Ein Sprecher des syrischen Aussenministerium sagte, er rechne damit, dass dieses Protokoll innert zwei Tagen unterzeichnet werde. Es soll den UNO-Beobachtern erlauben, sich frei in ganz Syrien zu bewegen.
Der Leiter des Voraustrupps der Beobachter, Oberst Ahmed Hmeisch, sagte am Mittwoch, er erwarte am (morgigen) Donnerstag die Ankunft von rund zwei Dutzend zusätzlichen Beobachtern. Die Mission soll später bis zu 250 Beobachter umfassen. Die Schweiz kündigte die Entsendung von sechs unbewaffneten militärischen Beobachtern an.
Russland warnt Opposition vor „Provokationen“
US-Aussenministerin Hillary Clinton sagte, Syrien befinde sich an einem „Wendepunkt“. Die Umsetzung des Annan-Plans sei Assads letzte Chance; sollte er sie nicht nutzen, würden „neue Massnahmen“ ergriffen. Waffenlieferungen an die Opposition schloss sie aber aus. Nun stünden auch die in der Pflicht, die Syrien bisher unterstützt hätten, sagte Clinton in Anspielung auf Russland und China.
Russland warnte die syrische Opposition am Mittwoch mit Nachdruck davor, den Friedensplan zum Scheitern zu bringen. Die oppositionelle Freie Syrische Armee (FSA) versuche offenbar, neues Blutvergiessen zu provozieren und damit ihren bewaffneten Widerstand zu rechtfertigen, sagte Aussenminister Sergej Lawrow. Er appelliere an alle Seiten, die Waffenruhe einzuhalten.
Der vom ehemaligen UNO-Generalsekretär Annan vermittelte Friedensplan sieht neben der Waffenruhe auch den freien Zugang für humanitäre Hilfe und Journalisten vor. Zudem sollen politische Gefangene freigelassen werden.