In Telefongesprächen mit einem französischen Nachrichtensender haben einer der mutmasslichen «Charlie-Hebdo»-Attentäter und der Geiselnehmer von Paris über die Hintergründe ihrer Taten gesprochen. Demnach hatten sie Kontakt mit Al-Kaida und IS.
Der mutmassliche «Charlie Hebdo»-Attentäter Chérif Kouachi sagte dem Nachrichtensender BFMTV am Freitag in einem Telefongespräch, er sei vom Terrornetzwerk Al-Kaida im Jemen beauftragt und finanziert worden. Er sei früher unter anderem vom islamisch-fundamentalistischen US-Geistlichen Anwar al-Awlaki finanziert worden, der 2011 bei einem Drohnenangriff ums Leben kam.
Amedy Coulibaly, der in einem jüdischen Supermarkt in Paris am Freitag mehrere Geiseln genommen hatte, sagte ebenfalls vor seinem Tod zu BFMTV, er gehöre zur Jihadisten-Gruppe Islamischer Staat (IS). Er habe sich mit den «Charlie Hebdo»-Attentätern «abgestimmt», fügte Coulibaly hinzu. Der Sender BFMTV strahlte den Inhalt der Gespräche erst am Freitagabend, nach Abschluss der Polizei-Einsätze gegen die Geiselnehmer, aus.
Die französische Polizei hatte am Freitag gegen 17 Uhr mit nahezu zeitgleichen Einsätzen die Geiselnahmen in Dammartin-en-Goële und in Paris beendet. Zunächst wurde der Unterschlupf der mutmasslichen Attentäter der Satire-Zeitung «Charlie Hebdo» in Dammartin-en-Goële gestürmt.
Die gesuchten Brüder Chérif und Said Kouachi kamen dabei ums Leben. Sie waren schiessend aus dem Gebäude gekommen und wurden sofort von den Spezialeinheiten getötet. Ihre Geisel kam unverletzt frei.
Geiseln getötet
Die Polizei griff auch bei der zweiten Geiselnahme in einem koscheren Lebensmittelgeschäft im Osten von Paris zu. Vier Geiseln wurden getötet, mindestens drei davon zu Beginn der Geiselnahme. Sieben Personen wurden verletzt.
Auch Geiselnehmer Coulibaly kam ums Leben. Es wird davom ausgegangen, dass er derselbe Mann war, der am Donnerstag im Süden der Hauptstadt eine Polizistin erschossen hatte.
Es gab Spekulationen, dass Coulibaly die beiden anderen Männer, die sich etwa 50 Kilometer von Paris verschanzt hatten, freipressen wollte. Die Gebrüder hatten sich zwei Tage lang eine Verfolgungsjagd mit der Polizei geliefert bis sie am späten Freitagnachmittag in Dammartin-en-Goële erschossen wurden.
«Charlie Hebdo» arbeitet an nächster Ausgabe
Überlebende Mitarbeitende der Wochenzeitung «Charlie Hebdo» begannen am Freitag in den Räumen der Zeitung «Libération» mit der Arbeit an der nächsten Ausgabe. Sie soll kommende Woche in einer Sonderauflage von einer Million Exemplaren erscheinen.
Bei dem Attentat auf ihre Redaktion waren zwölf Personen getötet worden, die meisten davon Mitarbeiter von«Charlie-Hebdo». Das Blatt war mehrmals wegen Mohammed-Karikaturen angefeindet worden.
Sommaruga in Paris
Imame in ganz Frankreich verurteilten während des Freitagsgebets die Anschläge und riefen zu Gewaltlosigkeit auf. Frankreichs Präsident François Hollande rief am Freitagabend in einer Fernsehrede zu Wachsamkeit und auch zur Einigkeit im Kampf gegen Intoleranz auf.
Frankreich will am Sonntag den Anschlagsopfern gedenken und Geschlossenheit demonstrieren. Zu einem Gedenkmarsch werden Hunderttausende in Paris erwartet. Neben den meisten Parteien und Gewerkschaften haben auch Menschenrechtsorganisationen zur Teilnahme aufgerufen. Aus dem Ausland werden etliche Staats- und Regierungschefs erwartet, darunter auch Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga.