Tarif-Streit bei Amazon Deutschland spitzt sich vor Weihnachten zu

Im seit Monaten schwelenden Streit um einen Gesamtarbeitsvertrag kommt es vor Weihnachten zur Kraftprobe zwischen dem Onlinehändler Amazon und der deutschen Gewerkschaft Verdi. Die Arbeitnehmervertreter wollen mit Streiks höhere Löhne und tarifliche Regelungen erzwingen.

Amazon-Angestellte streiken in Leipzig (Archiv) (Bild: sda)

Im seit Monaten schwelenden Streit um einen Gesamtarbeitsvertrag kommt es vor Weihnachten zur Kraftprobe zwischen dem Onlinehändler Amazon und der deutschen Gewerkschaft Verdi. Die Arbeitnehmervertreter wollen mit Streiks höhere Löhne und tarifliche Regelungen erzwingen.

An den Amazon-Standorten Bad Hersfeld und Leipzig legten am Montag mehrere hundert Beschäftigte die Arbeit nieder. In Leipzig versammelten sich nach Angaben eines Gewerkschaftssprechers rund 200 Mitarbeiter der Frühschicht vor dem Werkstor.

Im hessischen Bad Hersfeld versammelten sich nach Gewerkschafts-Angaben mehr als 300 Beschäftigte zu einer zentralen Kundgebung. Der Ausstand soll in beiden Standorten 24 Stunden lang andauern. Verdi will in der umsatzstarken Vorweihnachtszeit Streiks bewusst an Tagen durchführen, die das Geschäft von Amazon besonders stören.

Ob es zu weiteren Streiks komme, liege ganz in der Hand des Unternehmens, erklärte Gewerkschaftssekretärin Mechthild Middecke: «In der Sekunde, in der Amazon in Verhandlungen einwilligt, sitzen wir am Tisch und stehen nicht mehr vor der Tür.»

«Eigentor»

Der US-amerikanische Konzern lehnt Verhandlungen über einen Gesamtarbeitsvertrag allerdings strikt ab. In einem Interview mit der Zeitung «Die Welt» erklärte der für die deutschen Versandzentren zuständige Logistik-Chef Dave Clark am Montag: «Verdi ist nicht Teil unserer Beziehung, deswegen verwende ich nicht viel Zeit für sie.»

Mit der Androhung von Streiks im Weihnachtsgeschäft schiesse Verdi seiner Ansicht nach «in Sachen öffentliche Wahrnehmung ein Eigentor», sagte Clark. «Warum sollten wir uns von jemandem zur Zusammenarbeit erpressen lassen, der damit droht, das Weihnachtsfest für Kinder zu ruinieren?»

Im Fokus des Konflikts zwischen Unternehmen und Gewerkschaft stehen unterschiedliche Auffassungen darüber, welcher Branche Amazon zugerechnet werden soll. Verdi nimmt den Einzel- und Versandhandel, Amazon hingegen die Logistikbranche als Massstab. Nach Worten eines Unternehmenssprechers liegen die Mitarbeiter der deutschen Amazon-Logistikzentren mit ihren Einkommen am oberen Ende dessen, was in der Logistikbranche üblich ist.

Amazon betreibt in Europa insgesamt 25 Logistikzentren in sieben Ländern. Kunden aus der Schweiz werden von Deutschland aus beliefert. In Deutschland beschäftigt der Konzern 9000 der weltweit mehr als 88’000 Mitarbeiter.

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