Mehrere Jahre nach der Entführung seiner Kinder in den Libanon ist ein Vater zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt worden. Der 48-Jährige hatte seine Töchter 19 Monate lang in seiner Heimat festgehalten.
Das Kreisgericht Rheintal eröffnete das Urteil gegen den 48-Jährigen am Donnerstag. Es sprach den vierfachen Vater der mehrfachen qualifizierten Entführung schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren.
Der gebürtige Libanese lebt seit 30 Jahren in der Schweiz. Der Bauarbeiter ist eingebürgert und wegen psychischer und körperlicher Probleme sozialhilfeabhängig.
Die beiden heute erwachsenen Töchter erhalten von ihrem Vater eine Genugtuung von 18’000 bzw. 24’000 Franken, ihrer Mutter muss der Ex-Mann 15’000 Franken bezahlen. Die Schadenersatzforderung in Höhe von mehreren hunderttausend Franken wurden auf den Zivilweg verwiesen.
Die beiden Teenager hätten ein 600-tägiges Martyrium erlebt, sagte der Opferanwalt. Die jungen Frauen seien traumatisiert und litten auch vier Jahre nach ihrer Rückführung unter Panikattacken. Der Gerichtsverhandlung vom Mittwoch folgten sie unter Tränen.
In Heimatdorf gelockt
Der Familienvater hatte im September 2009 seine Schweizer Ehefrau mit den gemeinsamen Kindern im Alter von 11, 13, 16 und 17 Jahren unter dem Vorwand der Doppelheirat seiner Neffen in den Libanon gelockt.
In seinem Heimatort Baalbek nahm er Frau und Kindern die Pässe, Flugtickets und die Mobiltelefone ab und entschied, die Familie werde die nächsten zwei Jahre im Libanon bleiben. Drei Wochen später durfte die Mutter mit den beiden Söhnen aus dem Libanon ausreisen.
Vater droht mit Zwangsheirat
Den 13- und 16-jährigen Töchtern verweigerte der Vater jedoch die Rückreise in die Schweiz. Er schlug seine ältere Tochter drohte ihr mit Zwangsheirat. Erst im April 2011, 19 Monate nach der Entführung, gelang es den Behörden, die beiden Teenager zurück in die Schweiz zu bringen.
Die Staatsanwaltschaft verlangte eine siebenjährige Freiheitsstrafe, der Angeklagte einen Freispruch.
Geschlagen und eingeschüchtert
Der Angeklagte hat laut Anklage bei einem Scharia-Gericht eine Ausreisesperre gegen seine Töchter verhängen lassen. Die beiden Mädchen seien in einem Dorf in einer von der Hisbollah beherrschten Region gefangen gewesen und hätten nicht gewusst, ob sie jemals wieder zurück in die Schweiz konnten.
Der Angeklagte habe seine ältere Tochter immer wieder geschlagen und ihr gedroht, sie zu töten oder in den Iran zu bringen. Die beiden Mädchen seien derart eingeschüchtert gewesen, dass sie gegenüber den libanesischen Behörden und der Schweizer Botschaft erklärten, sie seien freiwillig im Land.