Fast 30 Jahre nach einer Anschlagsserie mit elf Toten in Frankreich muss sich der Terrorist Carlos seit Montag vor einem Pariser Sondergericht dafür verantworten. Der 62-jährige Venezolaner mit bürgerlichem Namen Ilich Ramírez Sánchez gab sich kämpferisch und versicherte zu Beginn: „Ich bin Berufsrevolutionär.“
In Abwesenheit verhandelt das Gericht auch gegen die beiden Deutschen Johannes Weinrich und Christa-Margot Fröhlich sowie gegen den Palästinenser Ali Kamal al-Issawi.
Die Anwälte von Carlos sprachen zum Auftakt von einem „diskriminierenden“ Prozess. Das bis zum 16. Dezember laufende Verfahren finde vor einem Sondergericht für Terrorismus und nicht vor dem sonst üblichen Geschworenengericht statt, kritisierte die Anwältin und Lebensgefährtin des Venezolaners, Isabelle Coutant-Peyre.
Anklage: Terrorismus
Ramírez Sánchez war 1997 in Paris bereits zu lebenslanger Haft wegen der Ermordung zweier Geheimdienstagenten und eines Informanten verurteilt worden. Nun lautet die Anklage erstmals auf Terrorismus.
Der Angeklagte, der mit Verspätung im Kasten aus Panzerglas im Gerichtssaal Platz nahm, erschien in Jeans und blauer Jacke. Anhänger im Publikum grüsste der entspannt wirkende 62-Jährige mit der in die Luft gereckten Faust der Revolution.
Dem Quartett werden vier Anschläge 1982 und 1983 zur Last gelegt, mit denen der Venezolaner seine damalige deutsche Ehefrau Magdalena Kopp und einen Komplizen aus französischer Haft freipressen wollte.
Nach der Festnahme Kopps, die Ende November aussagen soll, hatte Carlos den Behörden ein Ultimatum von 30 Tagen gestellt. Wenige Tage nach Ablauf der Frist explodierte eine Bombe im Zug Paris-Toulouse, die fünf Menschen tötete. Es folgten Anschläge auf das Büro der arabischen Zeitung „Al-Watan“, den Bahnhof von Marseille und einen TGV-Schnellzug.
„Zwischen 1500 und 2000 Tote“
Im Interview mit einer venezolanischen Zeitung hatte Carlos am Sonntag angegeben, für rund hundert Anschläge mit „zwischen 1500 und 2000 Toten“ verantwortlich zu sein.
Er soll auch hinter dem spektakulären Überfall auf die Zentrale der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) gestanden haben, bei dem 1975 in Wien mehrere Minister als Geiseln genommen wurden.